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Kuratiert von Valeria Stuflesser Wie können Körper in einem Raum zusammenkommen? Das Newtonsche Gravitationsgesetz in der Physik besagt, dass sich zwei Massen stets anziehen. Wie teilt sich aber der umliegende Raum auf in einer solchen Situation, wenn es sich dabei um eine begrenzte Fläche handelt? Und wie bewegen sich Körper im Verhältnis zu mehreren sich bewegenden Körpern? Das Zusammenkommen ist auch der Anfang einer Gesellschaft. Damit diese vereint bleibt, gebraucht es einer gegenseitigen Rücksichtnahme. Nicht immer sind die einzelnen Bereiche gleichmäßig verteilt; in der Vielschichtigkeit der Erscheinungsformen sind ebenso die Bereiche demnach angepasst. Und doch müssten die Massen im Großen ausbalanciert sein. Die Komposition wird komplexer, wenn wir ein Einblick in die kleineren Details kriegen. Manchmal werden Körper übereinander gestaffelt, erfahren Überlappungen. Eine solche Situation kann ebenso zu Reibung führen. Im positiven führt das zu gewollte Nähe, im negativen zu Unfrieden. Manchmal wird auch absichtlich eine Grenze überschritten, um damit eine unerwünschte Struktur aufzubrechen. Wann ist es denn von Vorteil im Rahmen zu bleiben und wo haben wir eine Fantasie einer unmöglichen Stadt erschaffen? Diese Ausstellung zeigt eine solche Begegnung in kleinem Maße: vier Künstler/innen und ihre Kunst treffen aufeinander und bespielen gemeinsam einen Raum. Ihre Kommunikation nimmt Raum ein und beschreibt ein Ambiente im Dialog mit den Betrachtern, der selbst seinen Raum gebraucht. Die Objekte beziehen sich in einem einzigen Raum zueinander, obwohl sie unterschiedliche Techniken und Darstellungsweisen gebrauchen. Die Ansätze zum Thema sind unterschiedlichen Charakters. Das Spiel, wie sich die einzelnen Teile zu einem Gesamten zusammenfügen, wird visuell erlebbar durch die grafische Darstellungsweise, wo eine Fläche mit aneinandergereihten menschlichen Körpern gefüllt wird oder im dreidimensionalen Format, wo eine Skulptur eingequetscht zwischen vorhandenen architektonischen Strukturen im Raum, sich ihren eigenen Platz findet. Auch in der experimentellen Architektur wird eine Lösung dafür gesucht, dem Menschen einen komfortablen Raum in einem größeren Körper zu erschaffen. Ebenfalls wird der abstrakten Malerei Platz eingeräumt, in der durch Komposition von Farben und Formen ein ästhetisches Gleichgewicht angestrebt wird. Das Zusammenkommen ist auch mit der Frage nach dem Respekt verbunden. Vor allem wenn es sich um Menschen handelt, die gemeinsam eine Gesellschaft bilden sollen, ist ein friedliches Zusammenleben notwendig. In unserer heutigen Vielseitigkeit der Gemeinschaft spielen Liebe und Rücksicht eine maßgebende Rolle. In den Bildern von Sophie Lazari ist das Zusammenkommen wie ein Puzzlespiel: menschliche Figuren sind einander eingerenkt in den jeweiligen Aussparungen ihrer Nächsten. Ihre Arbeit ist als Statement für eine respektvolle, akzeptierende, frei von Rassismen, Diskriminierungen und Sexismen geprägte Gesellschaft zu lesen. Identitäten verschmelzen ineinander, kommunizieren, bilden ein Ganzes und lassen beinahe keinen Raum untereinander frei. Die Körper vereinen sich im Konsens und bleiben dennoch authentisch in ihrer Diversität. Diese Ansicht unterstreicht die Fluidität unseres Gesellschaftsbildes in Bezug auf Geschlechtsidentitäten und Sexualität. Mit Leichtigkeit und Transparenz von abstrakten Körpern beschäftigen sich die Künstlerinnen Tamy Plank und Noa Pane. Im zweidimensionalen Raum erforscht Tamy Plank die Zwischenebenen und Überlappungen von Formen und Farben. Ihre Bilder spielen mit der Wahrnehmung des Betrachters, der seinen Blick über die Flächen gleiten lässt und undeutlich zu erkennen vermag, was hinten oder vorne ist. Die pastellfarbene Farbpalette unterstreicht die träumerische Einheit der enigmatischen Bilder. Auch fließen in ihren Malereien oft Muster mit hinein. Diese verleihen den abstrakten Formen Volumen und Dimension. Noa Pane verformt Luft; sie nimmt Inspiration von der steifen Struktur, in dessen Zwischenraum die Luft in einem Luftballon eingeengt wird. Es entsteht ein Spiel von Balance zwischen Druck und Widerstand. Die Dehnung des Innenraumes wird sichtbar in der seitlichen Bauchung des gequetschten Objektes. Diese Art der Skulptur, im Gegensatz zur herkömmlichen Skulptur, ist eine von innen heraus geformte. Die offensichtliche Flexibilität des einen Materials betont die robuste Eigenschaft des anderen. Noa Pane bedient sich des einfachen physikalischen Gesetzes, um damit ein Konzept der Veränderung von Körper durch Zeit zu veranschaulichen. Ihre Observation von Gesellschaft und Politik brachte sie dazu, raumgreifende Installationen zu schaffen, die die Beziehung zwischen Körper und Architektur erforschen. Das Zusammenspiel mehrerer Elemente bezieht sich ebenso auf den Kosmos und dessen Kräfte. Ihre Idee ist erdacht, leicht transportierbar zu sein, sodass sie in jedem Raum eine neue Erscheinungsform annehmen kann und somit sich an die jeweilige Situation anpasst. Die Arbeiten von Simon Comploi behandeln die menschliche Anatomie im architektonischen Kontext. Wie ein riesiges Skelett umhüllt die Architektur den Menschen im Inneren. „LOCUS VERTEBRALIS“, so der Titel der Arbeit, ist ein Organismus, der aus miteinander verwachsenen Elementen anatomischer Formen und dessen Eigenschaften besteht. Das Projekt beruht auf der Synergie spezifischer Funktionen der einzelnen Komponenten. Die „atmende“ Haut des Gebäudes erzeugt durch das Aufblasen und Entleeren von Luftkissen Geräusche, was zu einer lebendigen Struktur führt. Das Ergebnis der Analogie zwischen menschlichem Körper und Architektur ist eine metamorphe Struktur, die auf die Bedürfnisse des Benutzers reagiert und sich entsprechend anpasst oder verändert. Diese dynamische Bauweise beschreibt einen Lebensraum, der wie ein Organismus aufgebaut ist und der interaktiv auf äußere Einflüsse reagiert. Die architektonischen Modelle, die Videoanimation und die virtuelle Zeichnung ermöglichen den Besuchern das Eintauchen in diese Architektur. Im Projekt „R.fin_fusion“ wurde ausgehend von einfachen, geometrischen Formen eine unkonventionelle Komposition geschaffen. Elemente finnischer Architektur und Möbeldesign werden in die Formensprache des Projektes integriert. Diese Modelle sind Hybridstrukturen, die von suprematistischen und konstruktivistischen Elementen inspiriert sind und verschiedene kulturelle Artefakte nahtlos miteinander verbinden. Kurzbiografien: Sophie Lazari *1997, lebt und arbeitet in Berlin 2022 Bachelor of Arts in Illustration, Berlin 2020 Graphic class with Fons Hickmann, Berlin 2019 ERASMUS Esag Penninghen, Paris 2018 Illustration class with Henning Wagenbreth, Berlin Tamy Plank *1990, lebt und arbeitet in München 2022 Diplom an der Akademie der bildenden Künste München 2020 Meisterschülerin bei Prof. Jorinde Voigt Seit 2020 Kollaboration als „bis einer weint“ mit Leontine Köhn 2017/18 Erasmus Stipendium an der Königlich Dänischen Kunstakademie Kopenhagen 2013-2022 Freie Kunst an der AdbK München bei Jorinde Voigt, Eva Grubinger, Franz Wanner, Pola Sieverding, Johanna Reich, Katharina Gaenssler 2013-2015 Regieassistenz für „183 Tage - Der Auschwitz-Prozess“ von Janusch Kozminski 2010-2013 B.A. Kunstgeschichte und Sprache-Literatur-Kultur, Ludwig-Maximilians- Universität München Noa Pane *1983, lebt und arbeitet in Venedig 2020/2021 Research Master in „Contemporary Art Practice“, Royal College of Art, Battersea Campus, London 2021 Master in „Environmental Sculpture and Production Technologies“, Akademie der Bildenden Künste Urbino 2017/2018 Erasmus-Programm, Akademie den Bildenden Künsten Nürnberg, Deutschland 2015 Bachelor in „Skulptur“, Akademie der Schönen Künste, Urbino Simon Comploi *1995, lebt und arbeitet zwischen St. Ulrich und Innsbruck Nach dem Abschluss am Kunstgymnasium "Cademia" in St. Ulrich und mehreren Jahren Praxiserfahrung im Planungsbüro StudioC2, entschied sich Simon Comploi für ein Bachelorstudium in Architektur an der LFU Innsbruck. Anschließend vertiefte er seine Kenntnisse im renommierten Architekturbüro Coop Himmelb(l)au in Wien. Derzeit absolviert er den Master in Architektur an der LFU Innsbruck.