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Kino und Musik: Das erste, was man in Charlie Chaplins „The Kid“ sieht, sind die Gittertore eines Armenkrankenhauses. Schaut der Mann mit dem schwarzen Schnurrbärtchen, dem dünnen Gehstock, dem kleinen Hut und den ausgetretenen Schuhen in seinem ersten langen Film wehmütig auf die eigene Biografie zurück? Die Ehe seiner Eltern zerbricht nach seiner Geburt. Der Vater ist Alkoholiker, die Mutter psychisch krank. Der ältere Halbbruder – ein uneheliches Kind – unterhält die Familie. Armen- und Waisenhäuser gehören ebenso zu dieser Kindheit wie Streifzüge durch die Londoner Elendsviertel. All das taucht in „The Kid“ wieder auf und die Dachstube, in der das Findelkind auf einem Kissen hängt und aus einer Kaffeekanne seine Milch trinkt, erinnert an die Milieustudien aus den Romanen von Charles Dickens. Obwohl Chaplin die Notenschrift nicht beherrscht, komponiert er die Soundtracks für Filme wie „City Lights“ oder „Modern Times“ selbst. Dafür beschäftigt er Arrangeure, die nach seinen Vorgaben die Orchesterpartituren erstellen. „The Kid“ – eine anrührende Mischung aus Slapstick-Komödie und Sozialdrama – kommt 1921 in die Kinos. Erst 50 Jahre später konzipiert der inzwischen 82-jährige Regisseur die Musik zu diesem frühen Meisterwerk, das er mit dem berühmten Satz „Ein Film mit einem Lächeln, und – vielleicht – einer Träne“ einleitet. Timothy Brock hat den Soundtrack, der in „The Kid” mit lang gezogenen und üppig arrangierten Streichermelodien einsetzt und beim ersten Erscheinen des kleinen Tramps zur Unterhaltungsmusik der Tingeltangel-Theater aus Chaplins Jugendjahren zurückkehrt, 2016 neu arrangiert und für die Live-Aufführung adaptiert. Der Stummfilm „The Kid“ wird, parallel zur Aufführung der Originalmusik durch das Haydn Orchester, auf einer Großleinwand gezeigt.