Enten, Pinguine und das Christkind
Theater in der sprichwörtlich schönsten Zeit des Jahres
Kinderaugen leuchten, es duftet nach Keksen und der Baum nadelt bereits im Wohnzimmer. Es ist wieder Dezember und pünktlich zur Bescherung zeigen sich Südtirols Bühnen von ihrer besten Seite…wobei, das tun sie auch zu Fasching, zu Ostern und im Sommer sowieso.
Ente, Tod und Tulpe – der Kinderbuchklassiker von Wolf Erlbruch in der Dramatisierung von Nora Dirisamer ist den ganzen Monat über bei den Vereinigten Bühnen Bozen zu sehen, und zwar überall im Land: in Bozen, Brixen, Meran und Mals. Ente dümpelt wie immer im See herum, doch an diesem speziellen Tag kommt ihr etwas seltsam vor, denn jemand schleicht hinter ihr her. Als sie den Verfolger zur Rede stellt, erhält sie eine überraschende Antwort: „Ich bin der Tod“. Gemeinsam erleben sie aufregende Sachen, gehen schwimmen, klettern und werden schließlich unzertrennlich. Sie denken darüber nach, was nach dem Tod geschieht und was man unbedingt noch machen sollte, ehe es soweit ist. Ein Stück für alle ab 6 Jahren, das in poetischen Bildern nach einfachen Antworten auf die großen Fragen sucht.
Einen weiteren Klassiker aus Kindertagen hat das Stadttheater Bruneck auf dem Spielplan: Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse von Christine Nöstlinger (ab 2.12., ab 5 Jahren). Regisseur Horst Herrmann erzählt die Geschichte von Frau Bartolotti, die aus heiterem Himmel eine Büchse zugestellt bekommt, obwohl sie gar nichts bestellt hat. Dem Behälter entsteigt ein siebenjähriger Bub, Konrad, ordentlich und blitzgescheit. Dabei hat Frau Bartolotti wenig für Kinder übrig, doch am Ende – wie soll es anders auch sein – schließt sie den Jungen in ihr Herz. Als dann aber die unheimlichen Menschen aus der Konservenfabrik vor der Tür stehen und Konrad wieder mitnehmen wollen, muss sich Frau Bartolotti rasch was ausdenken…
Im Bozner Waltherhaus ist Superabile von Teatro la Ribalta / Kunst der Vielfalt zu sehen (3.12.). Das Stück geht mit Leichtigkeit ein schwieriges Thema an: Wie gehen Menschen, die im Rollstuhl sitzen, mit ihrer eingeschränkten Mobilität um? Ein Zeichner erschafft Bilder verschiedener Situationen, die auf die Hinterwand projiziert werden und mit denen die fünf Schauspieler:innen – zwei davon im Rollstuhl – auf der Bühne interagieren. Dabei erzählen sie von ihren Träumen, vom Alltag und den Blicken der „Anderen“, vom Fehlen jeglicher Intimität. Ironie und Humor helfen dabei, über die Problematik zu lächeln, gleichzeitig wird das Publikum aber auch dazu animiert, über das eigene Verhalten nachzudenken.
Wieder im Bozner Waltherhaus, aber diesmal seitens des Südtiroler Kulturinstituts, steht Hokuspokus auf dem Programm (31.12., Regie: Hajo Schüler). Am Anfang stand die Schöpfung, aber wie macht man diese theatertauglich? Bei Familie Flöz stets mit ihrem Markenzeichen: den Masken. Wechselnd leihen sie den Figuren ihre Identität, nehmen ihr Schicksal in die Hand, bis sich die Geschichte von selbst erzählt. Aus Dunkel wird Licht und im Garten Eden findet sich das erste Liebespaar. Sie ergattern, Gott sei Dank, eine bezahlbare Wohnung, doch mit dem Nachwuchs wachsen die Fliehkräfte und die Familie droht zu zerreißen – das ganz normale Leben. „Ihre bislang wohl emotionalste Produktion“, das schreibt die Berliner Morgenpost.
In der Carambolage in Bozen sind Hilaretto aus Frankreich mit ihrem „Wok ‘n Woll” zu Gast (1.-2.12.). Sie haben 2022 den begehrten Niederstätter surPrize gewonnen und kommen nun mit ihrer mehrsprachigen Show erneut nach Südtirol. Kordian Heretynski und Pierre-Damien Fitzner – beide Virtuosen – haben das klassische Orchester verlassen, um auf den Straßen Frankreichs ihr Glück zu versuchen, und zwar mit einem eigenen Klavier- und Violinkonzert. Kein leichter Vorsatz, schließlich sind sie geschniegelt als wären sie gerade dem Konservatorium entsprungen.
Nichts läuft nach Plan, aber dank ihres unbändigen Willens haben sie es doch geschafft. Sie verkehren ihre Ungeschicklichkeiten mit Bravour in ein Meisterwerk. Dabei wagen sie sich an die großen Werke der Klassik und würzen diese mit bunten Zutaten: eine Prise AC/DC, ein Hauch Stevie Wonder, etwas Elvis und ein Stückchen Rolling Stones. Fertig ist der Wok ‘n Woll, der alle umhaut! Die Lizenz zum Umhauen hat auch das Improtheater am 12. Dezember: Klingende Glöckchen und Weihnachtslieder an allen Ecken, Rentiermützen aus Plüsch auf Römerköpfen, an den Füßen Funktionsstiefel der letzten Arktisexpedition. Und natürlich die fantastischen Weihnachtsdekorationen der Bozner Stadtgemeinde, die bereits zu Ferragosto montiert wurden. Egal ob Sie diese Zeit lieben oder hassen – in der Carambolage werden auch Sie zum Weihnachtsfan. Also: schreiben Sie schon mal einen Brief ans Improchristkind!
An der Arche um Acht nennt sich das Stück von Ulrich Hub für Menschen ab 6 Jahren, das am 16. Dezember im Theater in der Altstadt in Meran Premiere feiert (Regie: Christina Khuen). Eine Verabredung um Acht – was nach einem lockeren Beisammensein klingt, ist in Wahrheit die letzte Rettung vor der Sintflut. Dieser entkommen die drei Pinguin-Freunde nur, weil eine Taube sie auf die Arche Noah einlädt. Doch sie haben ein Problem: von jeder Tierart sind nur zwei Exemplare zugelassen. Was passiert mit dem dritten Pinguin? Darf man einen Freund im Stich lassen? Das Stück wurde von Publikum und Presse sehr gut aufgenommen und erhielt 2006 den Deutschen Kindertheaterpreis.
In der Dekadenz in Brixen stellt Ingrid Lechner die alles entscheidende Frage: Geat‘s no?! Als ein „Wechsel-Kabarett für Frau und Mann“ (1.-2.12., Regie: Angelika Gruber) bezeichnet sie ihr Bühnenprogramm, mit dem sie uns durch die Wallungen des Klimakteriums navigiert. Sie verstehen nur Bahnhof? Gemeint sind die Wechseljahre, denn ja, es ist soweit: sie ist nun 50 Jahre alt und es ist aus, vorbei, da kommt nix mehr. Das „Verfallsdatum“ der Frau, Schweißausbrüche, Herzrasen und der Sex ist ... Aber das will sie nicht auf sich sitzen lassen, sondern explizit darüber reden: „Müssen jetzt die Memoiren her oder soll ich vielleicht doch lieber mein Testament aufsetzen? Und Moment, die Männer: Gehen die etwa krisenlos in ihr nächstes Jahrzehnt?“ Auf der Jagd nach Antworten führt sie uns Richtung befreites Chaos in die absolute Gewissheit: Der Wechsel kommt, und zwar für alle!
[Adina Guarnieri]