Walpurgisnacht – mehr als nur ein Hexentanz!
Auf St. Hippolyt in Naraun erwacht ein alter Brauch zu neuem Leben
Am 30. April wird auf dem alten Kultplatz St. Hippolyt in Naraun die Magische Walpurgisnacht gefeiert. In dieser besonderen Nacht verbinden sich alte Bräuche mit Musik, Feuer und Ritualen.
Jutta Tappeiner Ebner, die Supervisorin der Veranstaltung, erzählt warum dieses Fest so bedeutungsvoll ist.
Welche Ursprünge hat die Magische Walpurgisnacht?
Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai ist als Hexennacht bekannt und damit verbinden sich Bräuche vorchristlicher Zeit mit unterschiedlichsten Vorstellungen. Der Ursprung des Festes reicht weit zurück in die vorchristliche Zeit. Mit Musik, einem großen Feuer, duftendem Räucherwerk und ausgelassenem Treiben wurde der Frühling als heilige Hochzeit von Himmel und Erde zelebriert. Diese ausufernden heidnischen Bräuche wurden zur Zeit der Christianisierung in Walpurgis umbenannt und sollten mit dem Namen einer Heiligen verdrängt werden. Da alte Riten schwer abzuschaffen sind, wurden sie abgeändert und aus guten Geistern wurden Hexen, denen man bösen Zauber und „mit dem Teufel im Bunde zu sein“ anlastete.
Wer war Walpurga?
Die Äbtissin Walpurga wurde 710 in England geboren und starb im Jahr 780. Sie war die Begründerin des Benediktinerinnen-Klosters in Heidenheim. Papst Hadrian II. hat Walpurga am 1. Mai 870 heiliggesprochen. Sie gilt als Schutzheilige gegen Krankheiten und Seuchen. Da der Gedenktag von Walpurga am 1. Mai gefeiert wurde, wurden die neun Tage davor als Walpurgistage bezeichnet. Der Heiligen Walpurga sind in Südtirol 5 Kirchen geweiht.
Wie hat sich das Bild der Walpurgisnacht und der „Hexe“ im Laufe der Zeit verändert?
Während Walpurgis heute oft als „Hexentanz“ missverstanden wird, demonstrierten am 30. April 1977 erstmals Frauen gegen Ausgangssperren bei Dunkelheit. Das Bild der Hexe, einst von der Inquisition als Schreckgespenst geschaffen, sollte neu erdacht werden: nicht als böse Gestalt, sondern als starke, weise Frau, die Rituale im ursprünglichen Sinne feiert und diese der heutigen Zeit anpasst.
Wie entstand die Idee, die Magische Walpurgisnacht auf St. Hippolyt wiederzubeleben?
St. Hippolyt war lange vor dem Christentum ein heidnischer Opferplatz. Schalensteine und Spuren neolithischer Brandstätten zeugen davon. Vor 10 Jahren feierten wir dort erstmals die Walpurgisnacht im Rahmen der Wildkräutertage Lana. Nach einem Räucher-Workshop zogen wir mit den Teilnehmerinnen auf den Hügel und entfachten ein Feuer. Die magische Stimmung, die Rituale, die Musik und die Gemeinschaft haben mich tief berührt und nicht mehr losgelassen. Seither wird dieses Frühlingsfest jedes Jahr neu wiederbelebt.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Organisation eines so symbolträchtigen Festes?
Die größte Herausforderung sind die vielen interessierten Kinder, Frauen und Männer, die jedes Jahr dieses Fest mit ihrem Dabeisein mitgestalten. Deshalb habe ich mir Unterstützung geholt und wunderbare, starke Frauen eingeladen. Gemeinsam musizieren wir, zelebrieren erdverbundene Rituale, lassen alle Elemente einfließen und feiern ein Fest mit allen Sinnen für alle Anwesenden. So stärken wir uns gegenseitig und erleben die Verbundenheit.
Was erleben die Teilnehmer während der Veranstaltung?
Es gibt heuer 2 Rituale an 2 Schauplätzen sowie Überraschungen. Das abschließende Feuer ist jedoch der Höhepunkt. Feuer ist mehr als nur ein Element: Es wärmt, verbindet, erneuert und reinigt. Der aufsteigende Rauch symbolisiert die Verbindung zwischen Erde und Himmel – das ist Alchemie. Der Blick in die lodernden Flammen bringt Ruhe, das Knistern fördert Achtsamkeit und Entschleunigung.
Welche tiefere Bedeutung hat die Walpurgisnacht für uns heute?
Die Walpurgisnacht hat einen magischen Zauber, ähnlich wie die Raunächte im Winter. Sie steht für Fruchtbarkeit, Leben, Gemeinschaft, Freude, Liebe und Leidenschaft. Das Maifeuer verabschiedet den Winter und begrüßt den Sommer. Die Asche wurde früher auf den Feldern verteilt, um eine reiche Ernte zu sichern. Der alte Brauch, in den Mai zu tanzen, wird in vielen Gegenden noch heute gepflegt. Die Walpurgisnacht lädt uns ein, wieder im Einklang mit der Natur zu sein.
[Fabian Daum]
Um 20 Uhr beginnt die Wanderung vom Parkplatz St. Hippolyt in Naraun durch den zauberhaften Wald hinauf zur Hügelkuppe. Am Kraftplatz St. Hippolyt entfaltet sich die mystische Atmosphäre der Walpurgisnacht mit Ritualfeuer, Zeremonien, Räucherwerk und stimmungsvollen Klängen. Für Familien mit Kindern wird um 18 Uhr eine Erlebniswanderung mit Kräuterpädagoginnen zum Hügel St. Hippolyt angeboten.
Leitung: Jutta Tappeiner Ebner, Kräutererbe Bacherhof, Kräuterfrau mit Schwerpunkt Brauchtum (sie ist die Autorin des Buches „Lebendige Bräuche in Südtirol“), Volksmedizin, Naturkosmetik und Räucherkunde.