„Vielfalt, statt Einfalt“
Die erste Biografie über Gottfried Solderer

„Er hat als Journalist, Chefredakteur und Verlagsgründer nie den einfachen, bequemen Weg gesucht, sondern er ist bis zu seinem Lebensende gegen den Strom geschwommen“, so Christoph Franceschini über seinen langjährigen Freund Gottfried Solderer. Als dieser im Herbst 2021 unerwartet starb, blieb sein letztes großes Projekt unvollendet: seine Autobiografie „Vielfalt, statt Einfalt“. Autorin Adina Guarnieri hat sich der Sache angenommen und bei Edition Raetia das Buch „Gottfried Solderer. Ein Leben für die Vielfalt“ herausgebracht.
Prekäre Kindheit
„Armut, vier Kühe, sieben Kinder“, so beschrieb der 1949 geborene Gottfried Solderer seine Kindheit auf einem Bergbauernhof in St. Peter bei Lajen. Die Mutter war kurz nach seiner Geburt gestorben – die Stiefmutter war streng. Als einziger aus seiner Familie durfte Gottfried Solderer eine weiterführende Schule besuchen, was ihn 1961 nach Dorf Tirol ins Johanneum führte. Es waren fordernde Jahre zwischen Latein und Bibelstunde, sie waren aber auch wegweisend, denn hier machte Gottfried Solderer bereits erste publizistische Gehversuche mit der Schülerzeitung „Aspekte“. Unterstützt wurde der Schüler dabei von seinem Professor, „Literaturpapst“ Alfred Gruber.
Studium in Salzburg
Nach der Matura 1969 ging Gottfried Solderer nach Salzburg, wo er Publizistik und Politikwissenschaften studierte und sich bei der Südtiroler Hochschülerschaft engagierte. Es waren die Jahre der Studentenunruhen und des Vietnamkriegs. Als 1972 US-Präsident Richard Nixon auf seiner Reise nach Moskau einen Zwischenstopp in Salzburg einlegte, beteiligte sich Gottfried Solderer an einer Protestaktion. Gemeinsam mit anderen scherte er aus dem Demonstrationszug aus und besetzte den Flughafen. Die Polizei ging gewaltsam gegen die Protestierenden vor, auch gegen Gottfried Solderer, der mehrere Prellungen davontrug.
Die journalistische Laufbahn
Bereits als Student half Gottfried Solderer in der Rundfunkredaktion des Rai Senders Bozen aus. 1975 bekam er eine Fixanstellung, die er allerdings 1980 aufgab, um als Chefredakteur die „FF“ mitzugründen. Das Magazin wollte (noch) keine Konkurrenz zur „Dolomiten“ sein und gab sich unpolitisch, dennoch widmete sich die Redaktion relevanten Themen wie Umwelt und Drogen. Erst ab 1984 deckte die „FF“ Politskandale auf und sprach über Tabuthemen wie Abtreibung und Verhütung. Dies führte zu wütenden Leserbriefen und Klagen, viele lasen die „FF“ aber gerade deshalb. Für zahlreiche Jungjournalistinnen und -journalisten war sie ein Sprungbrett, z.B. für Christoph Franceschini, der dort 1987 als Praktikant mit der Titelstory betraut wurde: „Danach habe ich zwei Nächte nicht mehr geschlafen“, erinnert er sich, „am Ende aber habe ich unter den gutmütigen Augen und Anweisungen von Gottfried meine erste FF-Titelgeschichte zu Papier gebracht“.
Das Lebenswerk: Edition Raetia
1991 gründete Gottfried Solderer die Edition Raetia. Eines der ersten Bücher war „Claus Gatterer. Aufsätze und Reden“ – fast schon ein Manifest, galt Gatterer doch wegen seiner schonungslosen Beobachtungen lange als persona non grata in Südtirol. Historische Themen wie der Faschismus, die Südtiroler NS-Vergangenheit oder die Option wurden zur tragenden Säule des Verlags, ebenso die Literatur. Geschickt wie er war, habe Gottfried Solderer dabei stets die richtigen Leute für seine Vorhaben begeistern können, erinnert sich Hans Heiss in seinem Nachruf in der „FF“ im Oktober 2021. Dort heißt es auch: „Du warst ein Südtiroler, Gottfried, wie sie idealerweise sein sollten. Begabt, einsatzbereit, von schlitzohriger Güte, zielorientiert und nie aufsteckend, getragen von der tiefen Überzeugung: Dieses Land verdient Besseres.“
















































































































































































