Eingemeißelte Abdrücke unserer Gesellschaft
Brigitte Knapp und Daniel Faranna präsentieren „GsichterGschichtn“
„Ich versuche zu verstehen, was andere umtreibt. Das Leben schreibt Geschichten, in jeder Kultur wurden schon immer Geschichten erzählt und weitergegeben. Mir geht es darum, von dem zu erzählen, was den Leuten unter den Nägeln brennt!“
Brigitte Knapp vertieft sich in Gesichter. Sie sieht sie überall, in Bäumen, Wurzeln, Fels und Steinen. Sie zwingen Knapp förmlich, sie anzuschauen und einen inneren Dialog aufzunehmen: Welche Stimmung transportieren sie, wollen sie mir etwas sagen, welchen Ausdruck haben sie? Bahnt sich hier eine Geschichte hinter dem Gesicht an, und wenn ja, wie geht sie weiter?
Frau Knapp, Sie singen, schauspielern, schreiben und sind Regisseurin. Gibt es eine Disziplin, die Sie bevorzugen, und wenn ja, welche?
Ich singe seit Kindertagen. Bereits mit neun, zehn Jahren habe ich erste Lieder geschrieben und später dann in verschiedenen Chören gesungen. Auch habe ich immer schon Gedichte geschrieben, die ganz alten müssten noch irgendwo herumliegen (lacht). Einmal habe ich sogar einen kleinen Prosawettbewerb gewonnen. Nach der Matura habe ich die Schauspielschule besucht und verspürte den Wunsch, ein Theaterstück zu schreiben. Das wurde 2006 in Innsbruck uraufgeführt. Heute kann ich sagen, dass das Schreiben und das Schauspiel zwei gleichberechtigte Säulen meines Lebens sind. Sprache, Körper, Stimme sind für mich wunderbare „Materialien“, um mich ausdrücken und meine Geschichten erzählen zu können.
Sie haben bislang drei Erzählbände herausgebracht und Songs geschrieben. Wieviel davon ist autobiografisch?
Oh, wenig bis nichts. In meinem aktuellen Projekt, den „GsichterGschichtn“, mache ich Fotos von den Gesichtern, die ich in Felsen, Steinen oder Bäumen entdecke, und betrachte sie dann. Sie erzählen mir eine Geschichte, die ich dann weiterspinne und niederschreibe, so nach dem Motto: Was wäre, wenn dieses oder jenes passierte? Natürlich fließen dann auch die großen gesellschaftlichen Themen oder alles Mögliche, was ich um mich herum wahrnehme, in die Erzählungen mit ein. Wir sind schließlich alle keine isolierten Wesen, sondern sind von der Gesellschaft, unserer Zeit und von gerade stattfindenden Ereignissen beeinflusst. Am ehesten sind persönliche Anklänge noch in meinen Songs zu finden. Das Lied ist für mich wie ein Sprache und Musik gewordener Dialog mit dem Gesicht, das ich gerade in der Wurzel oder dem Stein sehe. Daniel Faranna, ein ganz wunderbarer Multiinstrumentalist, hat mir ja auch geraten, den Gesichtern zuzuhören und die Geschichten aufzuschreiben. (zwinkert)
À propos: Sie präsentieren mit Daniel Faranna ihren neuesten Erzählband „Verwurzelt & versteinert – GsichterGschichtn“ auf der Bühne.
Ja, genau. Wir haben den Abend als Schnittstelle von Literatur, Musik und visueller Kunst konzipiert. Ich lese Auszüge aus meinem Buch vor, und wir singen und spielen die dazugehörigen Lieder. Zudem werden assoziative Landschaftsvideos von Stefan Ghedina gezeigt. Begleitet wird das Ganze von einer Bilderausstellung, die weitere Gesichter-Fotografien mit Liedern/Kurzhörspielen zeigt.
Wie reagiert das Publikum auf Ihre Erzählungen?
Die Gesichter sind für mich von der Natur in Holz oder Stein eingemeißelte Abdrücke unserer Gesellschaft. Dementsprechend sind es Schnappschüsse von Stimmungen und Zuständen. In dem kleinen Rahmen, in dem wir auftreten, hat man den Luxus, dem Publikum in die Augen schauen zu können. Und das Schöne ist: Die Rückmeldungen, Reaktionen und Emotionen sind so bunt gemischt wie die verschiedenen Stimmungen und Zustände, wie wir sie ja auch im alltäglichen Leben vorfinden. Wenn jemand kommt und sagt: Deine Geschichte hat mich total berührt, hat mich abgeholt wo ich gerade bin, hat mich angestupst weiterzudenken – dann ist das schon ein Riesenkompliment für mich..
[Sibylle Finatzer]
GSICHTERGSCHICHTN
Was: „Gschichtnkabarett“ zwischen Literatur, Musik und visueller Kunst mit Brigitte Knapp und Daniel Faranna
Wann und wo:
22. Februar, 20 Uhr - Carambolage Bozen, mit Special Guest Manuel Randi
3. April, 20 Uhr – Stadttheater Bruneck
Infos: www.brigitteknapp.com, www.carambolage.org, stadttheater.eu