Spiel und Spaß in Zeiten sozialer Distanz
Für das Recht auf Spielen
Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hat im Laufe der Corona-Pandemie gelitten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie zu Corona und Psyche (COPSY-Studie).
Der Verein für Kinderspielplätze und Erholung (VKE) setzt sich für das Recht auf Spielen ein: Eine Oase, in der von sozialer Distanz geprägten Corona-Wüste.
„Ich vermisse die Freiheit“
Die Schülerin Eileen Mittempergher aus Kurtatsch ist elf Jahre alt, ihre Hobbies sind lesen und Theater spielen. „Ich vermisse vor allem die Freiheit, also zum Beispiel seine Freunde umarmen können“, sagt sie im Rückblick auf 2020. Eileen hat vor der Pandemie einen Sportkurs gemacht, der ist weggefallen. Das einzige stattfindende Freizeitangebot ist ein Theaterkurs vom VKE, da sind auch zwei Freundinnen dabei. Den Rest ihrer Freizeit verbringt sie zu Hause.
Aufgeben war nie eine Option
„Wann, wenn nicht jetzt?“, fragt Angelika Stuefer, Direktorin des VKE. Der VKE ist nach wie vor mit Jugendzentren, Veranstaltungen und Aktionen für Jugendliche, Kinder und Familien präsent. Die größte Herausforderung letztes Jahr sei gewesen, trotz sozialer Distanz die Beziehung mit den Kindern und Jugendlichen aufrecht zu erhalten und ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, so Stuefer. Der VKE habe sich aktiv dafür entschieden, nicht zu resignieren und alle Tätigkeiten im Rahmen des Möglichen weiter durchzuziehen.
Alles Online oder was?
Wie viele andere Organisationen in der offenen Kinder-und Jugendarbeit hat auch der VKE sein Online-Angebot ausgeweitet. Zum Beispiel hat eine Kollegin im Spielhaus gekocht und den Kindern per WhatsApp die Anleitung geschickt, die das Gericht zu Hause dann nachgekocht haben. „Uns ist es aber auch wichtig, dass die Kinder sich gemeinsam im Freien aufhalten“, meint Stuefer. So wurden viele Aktivitäten kurzerhand ins Freie verlegt und das Streetworking ausgebaut. Der VKE habe sich immer gefragt, was unter den gegebenen Bedingungen möglich sei, statt von vornherein zu resignieren. Trotz aller Bemühungen fanden einige Aktionen dennoch nicht statt. Zum Beispiel sagte der VKE die Veranstaltung „Kinderstadt Mini BZ“ aufgrund der Auflagen 2020 ab. Im aktuellen Jahr plant der Verein wieder eine Kinderstadt und integriert die Corona- Maßnahmen einfach in die Simulation. Ein Mädchen sagte nach dem VKE-Eislaufen „Mama, das war der beste Tag des Jahres für mich“, erzählt Stuefer. Solche Momente motivieren. Auch Eileen ist froh, dass sie ihren VKE-Theaterkurs besuchen kann, Online-Kurse machen ihr einfach weniger Spaß.
Not macht erfinderisch
„Was auch schwierig ist, ist die reduzierte Gruppengröße, zum Beispiel im Jugendtreff. Dort müssen Jugendliche jetzt oft draußen warten. Da haben meine Kolleginnen dann einfach den Schritt gemacht, dass sie rausgehen und sich vor dem Jugendtreff mit den Jugendlichen unterhalten“, erzählt Stuefer. Das Positive sei die unglaubliche Kreativität, die von Seiten der MitarbeiterInnen und Freiwilligen ausgegangen sei. Neue Spiele und Aktivitäten seien dadurch entstanden, zum Beispiel die Spielebox mit einfachen Spielideen, die man im Freien und in Kleingruppen oder alleine spielen kann. Diese wurden dann, mit dem Link zur Aktion #ichbleibezuhause mit dem VKE, einer Online-Sammlung von Spielideen, in Parks oder bei Essensausgaben verteilt.
Positiv denken
Die internationale Entwicklungsorganisation Oxfam veröffentlicht kürzlich die Studie „The inequality virus“. Darin beschreibt sie, dass Kinder und Jugendliche zu den besonders betroffenen Gruppen der Pandemie- Maßnahmen gehören. „Man geht bei den Maßnahmen oft von der idealen Familie aus, aber das entspricht nicht der Realität“, sagt Stuefer. Umso wichtiger sei es, dass die wenigen verfügbaren Freizeitangebote, wenn auch angepasst, weiterhin angeboten werden. Der VKE kämpft auch dieses Jahr mit seinem breiten Angebot in ganz Südtirol für das Recht auf Spielen. Eileen antwortet überraschend positiv auf die Frage, was sie fühlt, wenn sie an das letzte Jahr denkt: „Ich bin froh, weil das Schlimmste überstanden ist“. Hoffen wir mal, sie behält recht.
[Nadine Mittempergher]
VKE: www.vke.it
COPSY-Studie: www.uke.de/kliniken-institute/
Oxfam: „The inequality virus“: www.oxfam.org/en/research/inequality-virus