Braucht Dante eine Niere?
Das deutsche Theater weiß im Oktober zu überraschen
Alles neu macht der Oktober…oder wie war das doch gleich? In der Theaterwelt bringt der erste wahre Herbstmonat den Start der neuen Saison mit sich, und das sollten Sie auf keinen Fall verpassen.
Richtig Gas gibt die Dekadenz Brixen, die mit viel Energie in den Herbst startet. Café Populaire (ab 9.10., Regie: Elke Hartmann) ist eine Satire von Nora Abdel-Maksoud, die in der Kleinstadt Blinden spielt. Hier steht das Gasthaus „Zur Goldenen Möwe“. In guten alten Zeiten machte es seinem Ruf als feuchtfröhlicher Treffpunkt der Arbeiterklasse alle Ehre. Nun ist die Möwe in die Jahre gekommen und droht unterzugehen. Aber zum Glück gibt es Svenja, die einen Kampf für das Gasthaus initiiert. Doch da fährt plötzlich ein böses Alter Ego in sie. Ist die „Möwe” noch zu retten? Vom Gasthaus zu Dante. Adventura dantis – Eine göttliche Nacht (23.10.) würdigt auf der Bühne des Astra den 700. Todestag des Dichters. Nach einer Idee von Anna Heiss, Ina Tartler und Alma Vallazza erwartet das Publikum ein Dante-Abend aus Interviews mit Expert:innen verschiedenster Bereiche zur „Göttlichen Komödie“. Die Gespräche führen an das Werk heran und beschreiben seine zeitlose Kraft.
Und weil wir schon bei Dante sind, geht es gleich weiter zu den Vereinigten Bühnen Bozen, die ab 9. Oktober mit Dante: Dreams aufwarten (Regie: Rudolf Frey). Das Stück ist eine atmosphärisch dichte und transdisziplinäre Performance, bei der sechs Schauspieler:innen nach Dante suchen. Sie lassen sich von Motiven, Themen, Figuren, Geschichten oder Stimmungen aus der Komödie inspirieren und entwickeln einen Theaterabend, der zwischen Traum und Alptraum changiert, ganz nah bei uns ist und dennoch ein Universum eröffnet, das gleichermaßen verstört und erstaunt. Eine Einladung, unser Menschsein zu verstehen.
Im Carambolage erwartet Sie eine Wiederaufnahme: Die Niere, welche 2020 erfolgreich in Oberbozen präsentiert worden ist, findet den Weg ins Bozner Kleinkunsttheater (ab 8.10., Regie: Helga Maria Walcher). Kathrin braucht eine neue Niere, doch ihr Ehemann Arnold hat Angst vor der Operation. Freund Götz ist aber sofort bereit, als Spender einzuspringen. Sowohl dessen Frau als auch Arnold fühlen sich übergangen, schließlich ist so eine Organspende eine intime Sache. Es bricht ein Krieg um die Niere aus und am Ende stellt sich die alles entscheidende Frage: Liebling, was bist Du bereit für mich zu tun? Die Antwort könnte lauten: Mit dir zum Halloween-Improtheater ins Carambolage gehen! All jene, die keine Angst vor gruseligen Geschichten und unerwarteten Wendungen haben sind hier goldrichtig (31.10.). Aber Achtung: immer süß lächeln, sonst gibt es Saures!
Wenig zu lachen hat hingegen Macbeth, der in Shakespeares berühmtesten „Höllenritt“ sein persönliches Inferno erlebt. Das Stadttheater Bruneck zeigt mit der Inszenierung von Torsten Schilling (ab 22.10.) ein auf zwei Personen kondensiertes Stück: Macbeth und seine Lady träumen nicht bloß vom Griff nach der Königskrone und der uneingeschränkten Macht – grausam setzen sie ihre Pläne um, ehe sie über ihren eigenen Ehrgeiz ins Bodenlose stürzen.
„Ich langweilte mich mit meinem Mann, aber Sie wissen ja, Langeweile gehört zur Liebe dazu“, so Yasmina Reza, Autorin von „Gott des Gemetzels“, über die unsichtbaren Abgründe des Lebens. Am 13. Oktober steht ihr Anne-Marie – Die Schönheit im Kulturhaus Schlanders auf dem Programm. Aus der tristen Provinz hat Anne-Marie es gerade mal bis in ein Pariser Vorstadttheater geschafft. Und während ihre Kollegin Gigi die großen Rollen bekommt, verkehrt Anne-Marie mit einem Lederwarenvertreter, und ihrem trägen Mann. Was bleibt? Das Alter, der Sohn – „ein Mistfink“ – und getrüffelte Nüsse. Aber es heißt ja bekanntlich, die glücklichsten Leben seien jene, in denen nicht viel passiert.
[Adina Guarnieri]