Revisor und Chaplin lassen grüßen
Das deutsche Theater kurz vor dem Sommer
Es dauert nicht mehr lang und dann starten Südtirols Bühnen in die wohlverdiente Sommerpause. Doch vorher geben sie nochmal richtig Gas.
Das Stadttheater Bruneck widmet sich dem Revisor von Nikolai Gogol (ab 04.05.). Eine Stadt, die von einem korrupten Machtsystem beherrscht wird, das keine Opfer scheut. Naheliegend ist der Vergleich mit dem heutigen Russland. Doch ist diese Realität wirklich so weit von uns entfernt? Am Monatsende, am 31. Mai, ist Morvëies (dt. Wunder) zu Gast. Nadia Rungger präsentiert uns einen Koffer, der nicht weiß, wem er gehört. Die Vögel, die in unserem Haus wohnen, sind nicht von hier. Ein Gedanke reift in uns: Und wenn wir etwas ändern? Wir verschieben uns und es entstehen neue Realitäten. Gemeinsam begeben wir uns auf die Suche und finden tamejuns y morvëies – Weizen und Wunder. Das Stück ist in ladinischer Sprache, wird aber allen zugänglich sein. Wie das funktioniert? Lassen Sie sich überraschen.
Im Kulturhaus Schlanders geht es um einen Mord. Acht Frauen (09.05.) von Robert Thomas spielt an Weihnachten in einer Villa. Der Hausherr wird tot aufgefunden, anwesend sind besagte acht Damen. Der Schnee liegt meterhoch und sie sitzen fest. Niemand hat ein Alibi, aber alle haben ein Motiv. Es beginnt ein Verwirrspiel, in dem der Autor mit feiner Ironie die Klischees der 1950er Jahre karikiert.
Ironie bewies auch Charlie Chaplin mit Der große Diktator, das von Dominic Oley für die Bühne adaptiert wurde (08.-09.05., Bozner Waltherhaus). Die Verwechslung des Diktators Hynkel mit einem jüdischen Barbier bildet den Ausgangspunkt für diese bitterböse Satire aus dem Jahre 1940, die es wagte, das Böse zu verspotten. Deshalb wurde der Film – Chaplins erfolgreichstes Werk – von den Nazis verboten. „Eine virtuose Verneigung vor Chaplins witzigem wie auch erschreckenden Geniestreich“ (Salzburger Nachrichten).
Ebenfalls in Bozen zeigt die Carambolage das Stück Die Steilwand von Jordi Galceran (ab 10.05., Regie: Torsten Schilling). Vier Bergsteigerinnen wollen als erste reine Frauenseilschaft einen Berg in den Anden erklimmen. Kurz vor der letzten Felswand stellt sich aber heraus, dass eine von ihnen krank ist und den Anstieg unmöglich bewältigen kann. Wer ist bereit, die Gipfeleroberung aufzugeben? Eine Komödie, gespickt mit bissigen Dialogen, die auch per Funk stattfinden…
Das Maß der Dinge steht im Theater in der Altstadt Meran auf dem Programm (ab 10.05., Regie: Oliver Stein). Adam jobbt als Aufseher in einem Museum, wo er die Kunststudentin Evelyn daran hindert, dem Feigenblatt einer Männerstatue einen Penis aufzusprühen. Für Evelyn eine Protestaktion, für Adam ein Regelverstoß. Und dennoch verlieben sie sich und Adam ist kaum wiederzuerkennen: Evelyn ersetzt seine Brille durch Kontaktlinsen, schickt ihn ins Fitnessstudio. Adams Freunde amüsieren sich, doch bald werden auch sie in eine verhängnisvolle Affäre verstrickt sein.
Martin Fritz & Franz-Xaver Schumacher mischen mit What The Franz? die Dekadenz in Brixen auf (11.05.). Der Quizmaster und sein reizender Assistent präsentieren eine rasante Rate-Ralley mit absurdem Humor und traurigen Fragebögen. Und dann sind Eva Kuen und Margot Mayrhofer mit Bis in die Puppen! Utopie to go dran (24.-25.05.). Das Patriarchat ist wie der Weihnachtsmann: Es verspricht Geschenke und bringt nur üblen Ramsch. Und am liebsten besäuft es sich mit seinem Zwillingsbruder Kapitalismus. Aber während die beiden die Welt gegen die Wand fahren, singen und lachen wir für eine gleichberechtigte Welt.
[Adina Guarnieri]