Der Mensch, ein Jäger und Sammler
Warum sammeln Menschen? Auf der Jagd nach Schätzen und Identität
Die Definition im Duden zum Wort „sammeln“ lautet: „Dinge, für die man sich interessiert, zusammentragen, um sie (wegen ihres Wertes in größerer Anzahl, wegen ihrer Schönheit o. Ä.) [in einer bestimmten Ordnung] aufzuheben“.
Die Gründe, warum Menschen sammeln, sind so vielfältig wie die gesammelten Dinge selbst. Früher sammelte der Mensch, um zu überleben: Brennholz oder Lebensmittel. Heute ist es ein Hobby, das nicht selten mit leidenschaftlicher Energie ausgeübt wird.
Sammeln ist identitätsstiftend
„Auf der psychologischen Ebene kann das Sammeln eine Möglichkeit sein, sich selbst auszudrücken und die eigene Identität zu definieren“, erläutert dazu Francesca Schir, Präsidentin der Psychologenkammer der Provinz Bozen. „Es kann eine emotionale Verbindung zur eigenen Vergangenheit bilden, aus reiner Neugierde und Wissen, aber auch, um ein Gefühl der Zugehörigkeit zu schaffen: Menschen, die das gleiche Interesse an bestimmten Objekten haben, bilden oft soziale Netzwerke, in denen sie ihre Sammlungen diskutieren, austauschen und ausstellen. Sammeln kann auch ein Weg sein, sich privilegiert zu fühlen und sich von anderen zu unterscheiden, indem man sich seltener oder wertvoller Objekte erfreut. Das Sammeln kann auch eine angstlösende Wirkung haben, weil es einem erlaubt, seine Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema zu richten und so von Gedanken, Sorgen, Alltag und Verantwortung abzulenken, oder es kann ein Weg sein, mit der Einsamkeit fertig zu werden und eine soziale und emotionale Leere durch materielle Güter zu füllen. Oft drückt es auch das Bedürfnis aus, Kontrolle und Management auszuüben, oder das Bedürfnis nach Perfektion, wenn man seine Sammlung vervollständigen möchte.“
Krankhaftes Sammeln
Weiter führt Frau Schir aus: „Die Neigung zum Sammeln kann aber auch pathologisch werden, nämlich dann, wenn das Sammeln das ,Funktionierenʻ der Person im Alltag beeinträchtigt. Das heißt: Die aufgewendete Zeit und Energie, der beanspruchte Raum und die entstandenen Kosten werden allgegenwärtig und beeinträchtigen das Wohlbefinden. Notwendige Tätigkeiten wie die berufliche Tätigkeit oder die Pflege von Familienmitgliedern werden vernachlässigt, um sich der Suche nach einem weiteren fehlenden Objekt zu widmen.“
Sammeln für die Nachwelt
Nicht immer sind Sammlungen ein rein privates Vergnügen. Es gibt genügend Beispiele privater Sammlungen, die in Museen und Ausstellungen der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden und von großem historischem Wert, auch für die Wissenschaft, sind. Dazu zählt beispielweise das Schreibmaschinenmuseum in Partschins, das seine Existenz der Sammelleidenschaft von Kurt Ryba verdankt und weltweit einzigartig ist. Das „Museo dell‘aeronautica Gianni Caproni“ in Trient beherbergt eine bedeutende Sammlung historischer Flugzeuge, unter anderem des Flugzeugherstellers Caproni. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Kuriose Sammlungen
Im Westen Englands gibt es ein Museum, das Pinzetten-Sammlungen zeigt, in Zagreb kann man im „Museum of Broken Relationships“ die Reste und Relikte zerbrochener Beziehungen besichtigen. Wen bitte interessiert das denn? Mehr Menschen, als man glaubt. Rund 7.000 Artikel zum Thema „Sack, Beutel und Tüten“ sind in einem Privatmuseum bei Detmold zu bestaunen, das „Pooseum“ in Australien widmet sich Tier-Fäkalien aller Art und Konsistenz. Türstopper, Barbiepuppen, Zigarettenschachteln, Bierdosen, Telefone, Chipstüten, Taschenrechner, Staubsauger, Monopoly-Spiele, Briefkästen, Korken, Teebeutel, Schneekugeln – es gibt schier nichts, was man nicht sammeln kann.
Briefmarken bei der Lanaphil
Wie beliebt das Sammeln von Briefmarken auch hierzulande ist, beweist die Tatsache, dass Anfang Oktober bereits zum 46. Mal das internationale Sammlertreffen „Lanaphil“ stattfindet. Im großen Saal, im Foyer und auf der Bühne des Raiffeisenhauses Lana werden an die 50 Aussteller aus Italien, Österreich, Deutschland und der Tschechischen Republik Platz nehmen. Alte, historische Ansichtskarten, Briefmarken, auch personalisierte Briefmarken, Münzen, Briefe, Vorphilatelie, historische Aktien und Wertpapiere, Ganzsachen, Heimatbelege, Heiligenbildchen, Militaria, Banknoten, Telefonwertkarten, Tirolensien und andere Bücher, Stiche, alte Fotos sowie Zubehör können getauscht, gekauft oder verkauft werden.
Die Österreichische Post gibt zudem auf einem eigenen Stand eine neue personalisierte Briefmarke heraus: Sie zeigt den aus Lana stammenden Priester Heinrich Dalla Rosa (1909–1945), der vor fast 80 Jahren in Wien von den Nazis hingerichtet wurde.
[Sibylle Finatzer]
46. LANAPHIL – INTERNATIONALES SAMMLERTREFFEN
Termin: Sonntag, 6. Oktober, 9 bis 14 Uhr
Ort: Raiffeisenhaus Lana, freier Eintritt
www.lanaphil.info