Tolle Bescherung
Der Jahresausklang auf Südtirols Bühnen

2025 neigt sich dem Ende zu, aber vorher stehen uns noch vier Wochen voller vorweihnachtlicher Besinnlichkeit, Lebkuchen und Panettone bevor. Es erwarten uns meisterhafte Clownerie und die Klassiker der Weltliteratur, ebenso verzauberte Hasen und ein politisierendes Ferkel.
Beginnen wir in der Bozner Carambolage, wo sich Elena-Maria Knapp und Katarina Hauser mit ihrer Performance „Kein.Mutter.Land“ durch sämtliche (Tabu-)Themen rund um Reproduktion und Gebärfähigkeit arbeiten. Mutterschaft ist politisch. Und Nichtmutterschaft ebenso. Von „Das kommt schon noch“ bis hin zu „Das wirst du bereuen“: kinderlose Frauen werden häufig stigmatisiert, „Mutterinstinkt“ als naturgegeben glorifiziert und romantisiert. Eine intime Lebensentscheidung wird dadurch zur öffentlichen Debatte. Aber wie ergeht es Müttern überhaupt? Was, wenn man es bereut? Und muss die biologische Uhr für alle ticken? Termin ist der 3. Dezember (am 4. sind die beiden in der Dekadenz in Brixen). Weiter geht es mit Julien Cottereau und seinem „Carte blanche à Julien Cottereau“ (04.-05.12.). Er war zehn Jahre lang mit dem Cirque du Soleil unterwegs, ist ein international gefeierter Clown, Pantomime und Entertainer, und er hat im letzten Jahr den „Niederstätter surPrize“ gewonnen. Ohne ein Wort zu sagen, recycelt er die Geräusche der Welt und nimmt das Publikum mit auf eine Reise, bei der jeder Moment einzigartig und überraschend ist. Anschließend ist Lukas Lobis mit seinem Erfolgsprogramm „Verwirrt“ an der Reihe (09.12.), ehe es weitergeht mit der traditionellen Weihnachtsshow des Improtheaters (16.12.). Auf dem Weihnachtsmarkt rollt der Rubel, die Herbergen sind ausgebucht und eine Flüchtlingsfamilie aus dem Nahen Osten wird in einem Stall untergebracht: Ach, hätte es damals schon das Improtheater gegeben. Und vielleicht schaut sogar die Weihnachtsfrau vorbei!
Etwas weiter östlich, im Stadttheater Bruneck, feiert am 11. Dezember die Eigenproduktion „Das rote Paket“ Premiere. Ausgangspunkt ist das gleichnamige Bilderbuch von Linda Wolfsgruber und Gino Alberti, Regie führt Agnes Mair. „Was ist da drin?“, fragt Anna ihren Großvater, als sie ihn dabei beobachtet, wie er liebevoll ein rotes Päckchen verschnürt. Die Antwort: „Ein Geheimnis“. Dann geht das Paket auf Wanderschaft durch das Dorf, wo es Trost spendet, beglückt und erstaunt, obwohl niemand es öffnen darf. Anna erkennt dabei langsam den Kern des Schenkens, und dass Verschenken mindestens genauso glücklich macht wie selbst beschenkt zu werden. Eine poetisch-humorvolle Geschichte für Groß und Klein, die uns daran erinnert, dass Geben und Nehmen viel mehr ist, als ein Warenaustausch.
Die Dekadenz in Brixen erwartet nach Elena-Maria Knapp und Katarina Hauser mit „Kein.Mutter.Land“ (04.12.) einen besonderen Gast, und zwar direkt aus Österreich: Florian Scheuba (12.-13.12., Vorspiel: OlliAnder). „Schönen guten Abend“ nennt sich sein Programm, in dem er in dunklen Abwasserkanälen nach Rettungsschwimmern späht und Humor-Dämme baut gegen den nahenden Untergang. Dabei stellt er sich selbst und dem Publikum bissige Fragen. Zum Beispiel, ob das „Ja natürlich“-Schweinderl Landwirtschaftsminister werden sollte, oder was Österreich genau meint, wenn es sich als „neutral“ bezeichnet. Scheube beweist: Lachen ist die beste Notwehr.
Einem besonderen Jubiläum widmet sich das Südtiroler Kulturinstitut, denn vor genau 150 Jahren wurde Thomas Mann in Lübeck geboren. Seine Novelle „Der Tod in Venedig“ zählt bis heute zu den wichtigsten Werken der Weltliteratur. Das Porträt des alternden Schriftstellers Gustav von Aschenbach erzählt von dessen tragischer Liebe zu einem abgöttisch schönen Knaben. Ewigen Ruhm erntete 1971 Regisseur Luchino Visconti, als er das Werk verfilmte. Nun kommt der gefeierte Charakterdarsteller Thomas Loibl für zwei Abende nach Südtirol (02.12. Waltherhaus Bozen, 03.12. Stadttheater Meran). Er spricht und spielt „Der Tod in Venedig“ verwoben mit der Gitarrenbegleitung von Perry Schack. Gekonnt schlüpft Thomas Loibl in die Rolle des Protagonisten und offenbart neben Manns sozialer Kritik und seiner schriftstellerischen Brillanz auch die unerwartet humorvollen Züge der Novelle.
Das Theater in der Altstadt Meran zeigt am 18. Dezember das Tanztheater „Lay Next To Me“, produziert vom Verein Tanzschmiede/Fucinadanza. Ruth will nicht innehalten, geschweige denn verlangsamen. Sie ist in einer Zeit der Produktivität geboren, Pflichten und Erwartungen sind ihre steten Begleiterinnen. Sie schleppt sich weiter, verzettelt und verliert sich. Und alles nur, um keine Zeit zu vergeuden. Was aber, wenn ihre Zeit mal zu Ende gehen sollte? Giulia Tornarolli präsentiert mit „Lay Next To Me“ ein Stück über das Altern, aber zugleich auch eine Reflexion über die Bedeutung von Gegenwart. Das Alter ist kein Feind, sondern ein Lebenszustand, der trotz des naturbedingten Verfalls auch die Möglichkeit birgt, das Leben intensiver zu erfahren.
Bei den Vereinigten Bühnen Bozen kann man noch bis 7. Dezember das phantastische Schauspiel „Alice im Wunderland“ aus der Feder von Lewis Carroll erleben. Im Anschluss steht „Magdalena, ma dai“ auf dem Spielplan, eine Uraufführung, die im November in Sterzing angelaufen ist und ab 13. Dezember in Bozen gezeigt wird. Getreu dem Jubiläumsjahr geht es um Michael Gaismair, der vor 500 Jahren in den Tiroler Bauernkriegen mit Gleichgesinnten für soziale Gerechtigkeit und die Mitbestimmung des „gemeinen Mannes“ gekämpft hat. Selbstverständlich spielten dabei auch Frauen eine Rolle, die im Hintergrund durch das Aufrechterhalten des Alltagswerks maßgeblichen zum Widerstand beitrugen. Zu ihnen zählte auch Magdalena Gaismair. Doch in den ohnehin dürftigen Quellen dieser Zeit werden Frauen kaum erwähnt, denn schon im 16. Jahrhundert galt, was sich später beständig wiederholen sollte: Im Kampf für Freiheit und „Brüderlichkeit“ bleibt den Frauen oft nur… die Wäsche. Regisseurin Michaela Senn und ihr Team entwickeln ein Stück über die Leerstellen in der Geschichtsschreibung, über das Ringen um Gleichheit im Alltag und die Macht der Solidarität.
Zum Schluss noch war für die ganze Familie: Im Theater in Hof sind Bonifazius & Michelino zu Gast (11.-13.12.). Sie präsentieren Clownerie vom Feinsten, mit Live-Musik, ungewöhnlicher Jonglage und zahlreichen weiteren Überraschungen. Dabei stellen sie die Gewissheiten des Alltags kunstvoll auf den Kopf und meistern clownesk die chaotischsten Missgeschicke. Freuen Sie sich auf humorvolle Verwicklungen um die wirklich wichtigen Dinge in der Vorweihnachtszeit, wie gemeinsames Lachen und Staunen – voll freudiger Erwartung auf das, was als Nächstes passiert.
[Adina Guarnieri]
















































































































































































