Christine Mayr: „Es ist richtig, so wie es ist“
Ein Gespräch mit der Schauspielerin über fremde Kulturen und magische Worte
Gelassenheit und Zuversicht sind die ständigen Begleiter der gebürtigen Rittnerin, ob sie nun mit dem Traumschiff ausläuft, vor der Kamera oder auf einer Bühne steht.
Christine Mayr Mayn lebt in den USA und verbringt liebend gerne Zeit in ihrer Heimat bei ihrer Familie. Dort trifft InSide sie für ein Interview. Mit dabei in diesen Weihnachtsfeiertagen: ihr Ehemann Nick Wilder.
Frau Mayn: Kino oder Theater?
Das ist wie der rechte und der linke Schuh. Man kann den rechten nicht am linken Fuß anziehen und umgekehrt, und wenn dir einer fehlt, humpelst du. Beim Theater hast du die Möglichkeit eine Rolle vom Anfang bis zum Schluss durchzuspielen und die Figur langsam zu finden. Beim Film hingegen wird nie chronologisch gedreht, du musst auf den Moment den Anschluss finden.
Nach welchen Kriterien entscheiden Sie sich für eine Rolle?
Bevor ich Schauspielerin wurde, habe ich eine Zeit lang als Lehrerin gearbeitet. Ich hatte also ein zweites Standbein und musste nicht alles annehmen. Wenn man eine Rolle spielt, ist ja immer ein Stück von einem selbst dabei - obwohl man auch solche spielt, die man selbst nicht ist. Man ist ja keine Mörderin, und doch sind genau diese Rollen wahnsinnig interessant, weil man in eine ganz andere Seelenforschung hineingeht.
Ihre herausforderndste Rolle bis jetzt?
Es gibt einige, die mich geprägt haben. Dazu gehört sicher die Rolle der Anna in Die verkaufte Heimat, oder die Rolle der Jüdin in Die zersplitterte Nacht. Wenn man Figuren spielt, die wirklich gelebt haben, berührt einen das noch intensiver. Im Theater waren es Rollen wie der Weibsteufel oder die Geierwally; das ist eine Frauenfigur, die man auch in die heutige Zeit übertragen kann, eine die sich wehrt. Diese „gespaltenen“ Figuren finde ich spannend.
Was braucht eine Schauspielerin, um erfolgreich zu sein – außer ihrem Talent und ihrer Ausbildung?
Durchhaltevermögen! Man muss an sich glauben, und man braucht ein dickes Fell, denn man bekommt natürlich Kritiken. Man darf seine Träume nie aufgeben. Wenn man die 50 Jahre überschritten hat, wird es ein bisschen dünner mit den Rollen beim Film, da ist es wichtig, dass man sich vorher absichert. Und man muss in die Zukunft schauen: Das Richtige kommt schon wieder!
Glauben Sie, dass Sie als Schauspielerin einen gesellschaftlichen Auftrag haben?
Ja, absolut. Ich finde, dass man Verantwortung gegenüber über dem Publikum trägt, und gegenüber der Gesellschaft. Es ist wichtig, dass man Projekte unterstützt, denn man hat die Medien an seiner Seite und kann etwas bewegen. Dieses Sprachrohr sollte man nutzen.
Sie sind immerzu unterwegs, sei es beruflich wie privat – wie empfinden Sie die vielen Reisen?
C.M: Absolut positiv. Mein Mann und ich kommen viel in der Welt herum, vor allem mit dem Traumschiff. Wir tauchen ein in fremde Kulturen und haben wirklich die Welt gesehen. Wenn man den Menschen mit Respekt begegnet, wird man mit offenen Armen aufgenommen. Das Herz und der Kopf sind echt voll, wenn man wieder nach Hause kommt.
Nick Wilder: Egal wo man auf dieser Welt landet, alle Leute wollen eigentlich dasselbe: Arbeit, Essen, Familie, Freunde. Warum also regen sich alle über vermeintliche Unterschiede auf? Respekt ist das Schlüsselwort.
Sie leben in Montana…
C.M: Ja, an einem wunderbar ruhigen Ort. Da ist ganz eine andre Vibration. Die Stille ist ein magisches Element, wo du nur dein Herz schlagen hörst und sonst nichts.
N.W.: Dort herrscht eine unglaubliche Ruhe. Man blickt in die Ferne und fragt sich: Gibt es die Welt da draußen wirklich, Trump und diese ganzen Sachen?
C.M: Im letzten Jahr haben wir bei uns im Garten ein Benefizkonzert gegeben, ein traumhafter Abend. Mein Onkel war auch dabei, ein Tenor. Er war zum ersten Mal in den USA und hat beim Konzert gesungen. Mit Musik kann man Menschen zusammenbringen. Auch das ist so ein magisches Wort für mich: Musik. Stille. Zeit.
Würden Sie in Ihrem Leben etwas ändern?
C.M: Nein, ich würde auch alles noch mal genauso machen. Es gab Zeiten, die nicht so einfach waren, wie in jedem anderen Beruf auch. Ich glaube, es ist wirklich alles richtig, was im Leben kommt, auch Sachen, die wehtun. Oft sieht man erst später, wozu es gut war. Man muss dankbar sein: für dass man gesund ist, dass die Familie da ist, dass man die Liebe seines Lebens gefunden hat. Dass man Zeit hat füreinander, denn Zeit ist ein großes Geschenk.
[Lisa Pfitscher]
ZUR PERSON - CHRISTINE MAYR MAYN
Geboren 1962 in Bozen, aufgewachsen auf dem Ritten. Sie entdeckte ihre Liebe zum Schauspiel als Jugendliche bei den Rittner Sommerspielen und absolvierte die Schauspielschule in Innsbruck.
1989 erhielt sie den Filmpreis „Goldener Enzian“ für ihre Rolle in Die verkaufte Heimat.
Christine Mayr Mayn ist verheiratet mit dem deutschen Film- und Fernsehschauspieler Nick Wilder, der unter anderem für seine Rolle als Bordarzt auf dem Traumschiff bekannt ist.
Theater: eine Auswahl
Der Brandner Kaspar und
das ewige Leben (1996)
Jedermann (1998)
Geierwally (2003)
Same Time – Next Year (2008)
Film: eine Auswahl
Die verkaufte Heimat I+II (1997)
Medicopter 117 (1997)
Das Traumschiff – Bali (1999)
Soko Kitzbühel – Wilderer (2002)
Rosamunde Pilcher – Und plötzlich war es Liebe (2006)