Das Theater im Februar
Die Qual der Wahl
Südtirols Bühnen tauen auf und Theaterliebhaber kommen so richtig auf ihre Kosten.
Schwungvoll geht es in der Dekadenz Brixen zu. Den Anfang macht Eva Sotriffer mit „Take it / Nimm’s!“ (6.02), gedacht für das kleine Publikum ab 5. In der Tradition des neapolitanischen Puppentheaters wird hier ein musikalisch umrahmtes Spiel inszeniert, in dem es um einen verbotenen Apfel und eine hinterhältige Schlange geht. Das kommt Ihnen bekannt vor? …mal sehen!
Der beliebte Liedermacher Markus „Doggi“ Dorfmann zeigt mit „Afn Bankl, ein poetisch-musikalischer Lebenslauf“ (8.02, am 14.02 im Stadttheater Bruneck), dass er auch nachdenkliche Töne anschlagen kann. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickt er zurück und stellt sich verschiedene Fragen: Wie verändern wir uns im Laufe unseres Lebens? Wonach suchen wir? Begleitet wird er von der Schauspielerin Jasmin Mairhofer. Der österreichische Alleskönner Hosea Ratschiller lässt mit „Heute“ hingegen seine Karriere Revue passieren (22.-23.02). Das satirische Medley aus vergangenen Programmen ist nichts für schwache Lachmuskeln.
Humor aus einem Guss bietet auch das Carambolage Bozen. Das Improtheater widmet sich im Februar der Liebe. Am Valentinstag (14.02) wird auf der Bühne gewettert: gegen Plüschherzen und Rosen, gegen Liebesschwüre und Mimosen. An alle Antiromantiker: en garde! Am 15. und 16.02 gibt es hingegen kein Entrinnen, denn „Es kommt wie’s kommt“ – so heißt zumindest das Bühnenprogramm von Martin Frank. Der aufstrebende Künstler ist 25 Jahre jung, hat es aber schon faustdick hinter den Ohren. Autobiographisch und dem aktuellen Zeitgeschehen gewidmet, werden Sie den Abend wohl so schnell nicht vergessen. Kollege Kay Ray nimmt’s mit jedem auf. In „Wonach sieht’s denn aus?!?” (22.-23.02) kriegen alle ihr Fett weg: rechtsgesinnte Populisten, scheinlinke Politiker und der Rest der Welt sowieso. Ein Rundumschlag, der einem das Lachen lehrt.
Auf eine „Reise in die Bildungsferne“ begeben sich Gamper&Schwarz (28.02), zwei Südtiroler Musiker, die dem Publikum ein Crossover von Tönen, Theater und Comedy präsentieren. Und falls das in Ihren Ohren nach experimenteller Avantgarde klingen sollte, dann könnten Sie damit sogar recht haben. Um ein ernstes Thema geht es in Georg Kreislers Musical „Heute Abend: Lola Blau!“ (8.-9.02), das vom MurX Theater inszeniert wird, Regie führt Christian Stadlhofer. Wien 1938: eine jüdische Schauspielerin freut sich über ihr erstes Engagement. Doch bald muss sie flüchten und landet in Amerika, wo sie ein Star wird. Glücklich ist damit nicht, Alkoholismus ist die Folge. Ein Kapitel Weltgeschichte erzählt anhand eines Einzelschicksals.
Um Ausweglosigkeit geht es auch bei den Vereinigten Bühnen Bozen, die ein Stück des Ungarn Ferenc Molnár präsentieren: „Liliom“ – koproduziert mit dem Landestheater Niederösterreich (ab 9.02). Liliom war ein Hallodri, bis er sich verliebte, von seinem Chef entlassen und spielsüchtig wurde. Durch einen Raub möchte er seinen widrigen Lebensumständen entkommen, doch der Coup geht schief und das Drama nimmt seinen Lauf. Minder turbulent aber nicht weniger aufwühlend ist die Wiederaufführung von Alexander Kratzers „Option – Spuren der Erinnerung“ (23.-24.02), das 2014 uraufgeführt worden ist. Zeitzeugen, Optanten, Dableiber und Rücksiedler brachen damals bei diesem außergewöhnlichen Projekt ihr Schweigen.
Das Wiener Burgtheater zeigt im Waltherhaus Bozen die Adaption von Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ (20.-21.02) nach Ewald Palmetshofer, Dušan David Pařízek führt Regie. In einer scheinbar perfekten Welt, finanziell abgesichert und in freudiger Erwartung, muss man sich im Hause Hoffmann um nichts sorgen. Geistig herrscht aber Armut, Prinzipien und Ideale sind keine willkommenen Gäste. Und so bringt die Ankunft eines Intellektuellen die Fassade zum Bröckeln, Unsicherheit bricht aus. Ein tiefgrabendes Stück, das wenig an Aktualität verloren hat.
Zwischenmenschliche Dramen stehen auch in Karl Schönherrs Stück „Der Weibsteufel“ im Zentrum, das vom Theater an der Etsch in Neumarkt aufgeführt wird (bis 24.02). Ein Mann kommt durch Schmuggel zu Reichtum, seine Frau genießt ein sorgenfreies Leben, ein Grenzjäger wittert indes die Beförderung, die auf die Überführung des Gauners ausgesetzt ist. Er macht sich an die Frau heran, um sie zum Plaudern zu bringen. Währenddessen treibt der Mann die Frau dazu, den Jäger ihrerseits zu bezirzen, damit er die Schmuggelware verschwinden lassen kann. Doch sie durchschaut das Spiel und die Situation kippt. Ein packendes Drama, welches das Machtverhältnis zwischen Mann und Frau dekonstruiert.
Auch im Forum Brixen geht es kriminell zu. In William Roses „Ladykillers“ mieten sich fünf Gauner bei der 80-jährigen Mrs. Wilberforce ein und geben vor, ein Streichquintett zu sein. In Wahrheit bereiten sie sich aber auf einen Überfall vor. Als die Dame die Maskerade bemerkt, beginnt ein Tauziehen um die Beute. Wer wird am Ende das fetteste Stück vom Kuchen ergattern? Regisseur Cesare Lievi präsentiert einen Klassiker, gespickt mit viel humour.
Dem Glück sehr nahe und doch so fern fühlt sich die Hauptfigur in Hans Schuberts Komödie „Mit besten Empfehlungen“ (bis 10.02), die von Regisseurin Petra Rohreggerder und der Mariner Bühne im Stadttheater Bruneck gezeigt wird. Durch eine Namensverwechslung erhält ein verdienter aber wenig beachteter Mitarbeiter eine Wahnsinnsbeförderung. Wie lange kann das gutgehen?
[Adina Guarnieri]