Alter Glanz neu entdeckt
Erstes Hausmuseum Südtirols eröffnet. Herta Waldner hat das Projekt begleitet
Villa Freischütz hat die schillernden Jahre der Meraner Kurstadt vor dem Ersten Weltkrieg erlebt, aber auch die Ungewissheit der Zwischenkriegszeit.
Franz Fromm, ein wohlhabender preußischer Weinhändler und Witwer, kam 1905 aus gesundheitlichen Gründen zum ersten Mal nach Meran. Gemeinsam mit seinen vier Kindern verbrachte er die Wintersaison in der Kurstadt. Das kosmopolitische Klima gefiel der Familie so gut, dass sie schließlich für immer blieb. 1921 kaufte er die Villa Freischütz in Obermais, wo er den Rest seiner Tage verbrachte und wo nicht nur seine Familie, sondern auch mehrere Hausangestellte und vor allem seine eklektische Sammlung von Kunst und Kunsthandwerk ein wohliges Zuhause fanden.
Seit April 2019 können die Villa und Franz Fromms Sammlung in einem liebevoll restaurierten Ambiente besichtigt werden. Das verdanken wir Rosamaria Navarini, seiner Enkelin, die dafür eigens die Navarini-Ugarte-Stiftung ins Leben gerufen hat. Herta Waldner liegt das Projekt „Villa Freischütz“ seit vielen Jahren am Herzen.
Liebe Frau Waldner, wie wurde Villa Freischütz zum ersten Hausmuseum Südtirols?
Rosamaria Navarini wollte unbedingt das Haus der Öffentlichkeit zugänglich machen, damit alle die Atmosphäre einer solchen Villa und allgemein die Villenkultur um die Jahrhundertwende erspüren, erahnen und besuchen können. Seit ihrem Tod im Jahre 2013 führen wir als Stiftung dieses Projekt weiter.
Was ist an der Ausstellung besonders?
Die erste Etage ist wie ein Museum mit Texten und Erläuterungen versehen, die das Leben der ehemaligen Bewohner und deren Schicksale erzählen. Das zweite Geschoss haben wir als Wohnung belassen, sodass die damalige Zeit zum Erlebnis wird: wie lebte man vor hundert Jahren in Meran? Wie hat Rosamaria Navarini hier gelebt? Man fühlt sich so, als wäre man zu Besuch bei der Familie und nicht als wäre man einer von vielen Museumsbesuchern. Deshalb sind Führungen hier nur in kleinen Gruppen möglich, denn die Atmosphäre ist sehr privat.
Welches ist Ihr persönliches Highlight?
Das ist eine romanische Madonna aus Katalonien, von der es viele Fälschungen gibt. Dank einer C-14-Untersuchung wissen wir aber, dass es sich bei unserer um ein seltenes Original handelt. Sie ist leider noch nicht ausgestellt, weil sie restauriert werden muss. Wir suchen momentan noch nach Paten, die die Restaurierung der Skulptur ermöglichen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Villa Freischütz?
Ich wünsche mir viele Besucher, die sich auf die Villa einlassen wollen. Solche, die sich Zeit nehmen und sich hinsetzten, um die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Vielleicht wird sich der eine oder andere über die eigene Familiengeschichte bewusst, oder beginnt gar selbst Familienforschung zu betreiben. Großartig wäre, wenn wir noch weitere Paten für unsere zu restaurierenden Objekte finden würden, damit wir die Dauerausstellung stetig aktualisieren können. Besonders freuen würde ich mich auch über viele Ehrenamtliche, die mit uns zusammen die Villa in ein lebendiges Haus verwandeln.
[A. G.]
Was: Hausmuseum Villa Freischütz
Wo: Priamiweg 7, 39012 Meran
Wann: Montag – Freitag von 14–18 Uhr, Samstag von 10–13 Uhr (Achtung: das Museum ist nicht ganzjährig geöffnet! Genaueres auf der Homepage)
Info: www.fondnavug.org
ZUR PERSON: Herta Waldner (*Meran) ist freischaffende Architektin. Seit 2013 ist sie Präsidentin der Stiftung Navarini-Ugarte.