„Man muss ehrlich sein mit sich selber“
Peter & Stefan Drassl über die Leidenschaft der Eppaner Familie: die Schauspielerei
Ein Gespräch mit Peter und Stefan Drassl ist immer eine interessante Sache. Man muss höllisch aufpassen, dass einem kein Detail entgeht, denn jedes Wort hat seine Bedeutung. Sie denken nach, bevor sie sprechen, jede Aussage ist fundiert. Und unvermittelt können sie in Lachen ausbrechen, erzählen einen Witz, brechen die Spannung. Wie auf der Bühne eben.
Klassische erste Frage: Wie seid ihr denn überhaupt zum Theaterspielen gekommen?
Peter: Mein Vater hat schon in Kaltern bei der Theatergruppe mitgespielt. Und seine Vorväter wiederum waren auch schon dabei, unter anderem für die Maske zuständig. Ich war als Junge mit von der Partie und bin daher ganz ohne mein Zutun in die Theaterwelt geraten. Vor 73 Jahren bin ich zum ersten Mal auf der Bühne gestanden. Von da an blieb es dabei. In Eppan hat die Katholische Jugend, deren Mitglied ich war, das Theater wieder belebt. Ab 1968 habe ich auch Regie geführt. Später habe ich bei den Freilichtspielen Unterland und Lana mitgewirkt und bei den Vereinigten Bühnen Bozen. Da habe ich einmal Gregor Bloéb getroffen, der mir später in der Bar des Hotels Laurin auf einer Serviette eine Art Vertrag hingekritzelt hat, den ich unterschreiben sollte. So bin ich auch zum Theatersommer Haag gekommen und in der Folge auch zum Theater in der Josefstadt in Wien.
Stefan: Wir Kinder, meine Schwester Ursula und ich, sind oft mit Vati zu den Proben und haben so das Davor und das Dahinter im Theater hautnah mitgekriegt. Meine Mutter Jetty hat auch Theater gespielt, daran kann ich mich aber nicht mehr erinnern. Die Theatergruppe Eppan, das war wie eine Familie für mich, allen voran Toni Amor. Wir waren bei den Ausflügen dabei, und als Kind habe ich auch ein paar Mal mitgespielt. In der Jugend galt mein Interesse aber dem Kinderchor und später der Bürgerkapelle Eppan. Mit dem Architekturstudium in Wien gab es dann nur noch punktuelle Berührung mit dem Theater. Erst mit Ende 30 hat es bei mir in Sachen Theater Klick gemacht.
Was ist das Wichtigste für euch auf der Bühne?
Stefan: Man muss sich öffnen, muss ehrlich zu sich selber sein. Man ist nur authentisch, wenn man die Rolle lebt! Man ist nicht nur Darsteller, man ist die Rolle. Nicht umsonst sind gewisse Darsteller auf bestimmte Charaktere festgelegt. Weil sie dann eben glaubwürdig sind. Wer einmal Bruno Ganz als Adolf Hitler gesehen hat, weiß, was ich meine!
Peter: Auf der Bühne sieht man oft Schauspieler, die eine gewaltige Wirkung haben, obwohl sie nicht viel zu sagen haben. Es gibt nicht große und kleine Rollen, es gibt nur Rollen! Früher war es vielen Darstellern sehr wichtig, viel Text zu haben. Dabei hängt die Wirkung nicht vom Text ab. Manchmal geht die Präsenz eines Schauspielers nicht über den Bühnenrand hinaus.
Gerti Drassl hat das Schauspielern zum Beruf gemacht. Seid ihr schon mal zusammen auf der Bühne gestanden?
Stefan: Alle drei? Ich glaube, als Kinder haben wir einmal bei einem Stück der Theatergruppe Eppan mitgespielt, und Vati hat Regie geführt. Eher haben wir Berührungspunkte, wenn wir übers Theater reden. Hin und wieder diskutieren wir über Rollenangebote. Ich habe auch schon einmal ein Angebot abgelehnt, weil ich wusste, da kann ich nicht authentisch sein. Meine Schwester ist auch nach einem Stück eine Weile nicht ansprechbar, weil sie noch in ihrer Rolle lebt (lacht).
Peter: Gerti hatte zunächst mit Theater nicht viel am Hut, sie wollte zum Ballett. Gott sei Dank ist es anders gekommen. Ich habe mit ihr beim Theatersommer Haag gespielt. Und mit Stefan zu spielen ist sowieso fein. Man kann sich wunderbar aufeinander einlassen, das ist auf der Bühne sehr wichtig. Kabarett sollten wir einmal zusammen machen!
Stefan: Ja, die Interaktion mit dem Publikum ist einfach toll, noch unmittelbarer als beim Theater. An die 100 Zuhörer wären ideal, alles darüber ist fast schon zu viel.
Peter: In Südtirol ist die Situation bei den Freilichtspielen ja schon inflationär, das tut der Szene nicht unbedingt gut. Weniger ist mehr.
[Sibylle Finatzer]
ZUR PERSON
Peter Drassl, Jahrgang 1942. Zu Berufszeiten Filialleiter einer Bank. Mitwirkung bei den Freilichtspielen Unterland und Lana, Vereinigten Bühnen Bozen, Theatersommer Haag, Theater in der Josefstadt. 33 Jahre Leitung der Theatergruppe Eppan. Hörspiel-Einspielung, Regisseur.
Stefan Drassl, Jahrgang 1969. Freischaffender Architekt. Mitwirkung bei der Theatergruppe Eppan, Heimatbühne Kaltern, bei den Freilichtspielen Ritten und Lana, VBB, beim Theater in der Au Bozen, Batzen Bühne Bozen, MGV Meran 1862 Narrenabend, MGV Girlan Faschingsrevue, Heimatbühne Neumarkt und geduldeter Part-Time-Bass beim Regenbogenchor in Kaltern.