Der Vorzug der Autodidakten
Alma Vallazza und Roberta Dapunt über Leben und Wirken von Markus Vallazza
Brixen wird noch bis Oktober der Ort sein, an dem mit verschiedenen Veranstaltungen, vor allem aber mit einer großen Ausstellung in der Hofburg an den Südtiroler Künstler Markus Vallazza, der 2019 verstorben ist, erinnert wird.
Die Ausstellung befasst sich vor allem mit Vallazzas „Divina Commedia“-Radierungen. Organisiert wurde das Event von Alma Vallazza, literarische Übersetzerin und Tochter des Künstlers, und Roberta Dapunt, Dichterin. Ein Gespräch.
Es handelt sich ja nicht nur um eine Ausstellung, sondern...
...auch um ein umfangreiches Rahmenprogramm. In Zusammenarbeit mit vielen Südtiroler Partnerinstitutionen finden von Mai bis Oktober, begleitend zur Ausstellung, in Brixen Veranstaltungen statt, die sich, aus heutiger Sicht, direkt oder indirekt mit Dante und seinem Werk befassen oder Markus Vallazza gewidmet sind. Es ging uns dabei in erster Linie um einen aktuellen Blick auf die Divina Commedia und um die Frage, wie sich die Divina Commedia zeitgenössisch lesen und darstellen lässt.
Welche Veranstaltungen stehen von August bis Oktober noch an?
Ende August zeigen wir in Zusammenarbeit mit dem Filmclub eine Filmtrilogie zur Hölle, zum Purgatorium, zum Paradies als Open Air im Brixner Hofburggarten. Wir haben nach Filmen gesucht, die die Dante-Motive von Terror und Ausweglosigkeit, von Verwandlung und Läuterung und von paradiesischem Glück zeigen und sind fündig geworden. Am 7. September wird Hannes Obermair zum Thema „Denkmal“ sprechen, am 24. September werden die Autor*innen Oswald Egger, Gundi Feyrer und Elmar Locher von ihren Begegnungen mit Markus Vallazza erzählen und besonders dicht wird es dann ab 19. Oktober mit einer Theateraufführung des Teatro La Ribalta, einem Gespräch des Psychoanalytikers Peppe Dell‘Acqua und Massimo Cirri, einer langen Dante-Nacht mit Lesungen und Performances und zum Abschluss der Präsentation einer neuen Dante-Übersetzung ins Deutsche von Franz Josef Czernin.
Die Radierungen von Markus Vallazza zur Divina Commedia sind das Opus Magnum des Südtiroler Künstlers. Von 1993 bis 2000 hat er daran gearbeitet. Woher kam dieses Interesse an der Divina Commedia?
Im Nachlass des Künstlers haben wir eine Zeichnung zur Commedia aus dem Jahr 1952 entdeckt. Da war Markus Vallazza 16 Jahre alt. Er hat Dante wohl schon in diesen Jahren gelesen, wenn er auch kein Gymnasium besucht hat und sich überhaupt sein ganzes literarisches Wissen als Autodidakt beigebracht hat. Vielleicht war das gerade sein Vorzug, sich ganz unvoreingenommen und ohne schulische Kategorienbildung auf Dantes Werk einlassen zu können. Fasziniert haben Markus in der Literatur besonders die Scheiternden und die Liebenden, die Haudegen und die Abweichler und die Verstrickungen von Autor und Werk. Das identifikatorische Moment mit den Protagonisten und Verfassern war ihm dabei ein wesentlicher Ansporn seiner Auseinandersetzung. Auch in Dante sah er mehr den Suchenden und Zweifelnden als den souveränen Geschichtenerzähler.
Sollte man Dantes Werk kennen oder stehen Vallazzas Radierungen gewissermaßen für sich?
Es funktioniert beides. Es gibt diejenigen Betrachter, die in jeder der 100 Radierungen, die zu je einem Canto der Commedia entstanden sind, akribisch nach der Interpretation der jeweiligen Verse suchen. Und diejenigen, die sich vor allem von der künstlerischen und kompositorischen Kraft der Radierungen hinreißen lassen.
Die Ausstellung thematisiert auch den Werdegang Markus Vallazzas. Wie fand er zum Radieren, dem Handwerk, wofür er heute am bekanntesten ist?
Dass die Ausstellung in Brixen stattfindet, ist kein Zufall. In Brixen hat Vallazza 1964 im Atelier seines Freundes Robert Scherer seine ersten Radierungen ausgeführt, um sich ab diesem Zeitpunkt intensiv mit dieser Technik auseinander zu setzen und damit zu experimentieren. Die Radierung hat ihn schon als ganz jungen Menschen fasziniert und er bereiste, um Kupferstiche von Dürer, Rembrandt oder Goya zu sehen, halb Europa. Vallazza stammt zwar aus dem Tal der Holzschnitzer, aus Gröden, wuchs aber mit dem Handwerk des Schmiedens auf, sein Vater war Kunstschmied. Gut möglich, dass ihm die Affinität zum Metall und seine Leidenschaft für die Radierung bereits in die Wiege gelegt wurden.
[Teseo La Marca]