Schemenhafte Deutlichkeit
Die Künstlerin Martina Steckholzer im Gespräch
Als „offen, brüchig und präsent“ beschreibt die Künstlerin ihre Arbeiten und bezieht sich damit auf die schattige Ambiguität, auf den gestischen Strich und auf das unvermittelte Gefühl, welches von ihrer Kunst ausgeht.
Im Zentrum von Steckholzers Forschung steht die visuelle Kunst eines gegebenen geografischen und zeitlichen Kontextes, was die Künstlerin dazu bringt, nach Brüchen, Schichtungen und Störungen zu suchen, die in verschiedenen Regimen der Repräsentation auftreten. Ihre Arbeit verändert sich in Form und Inhalt je nachdem, was ihr in der Kunst begegnet, wobei die Malerei aufgrund ihrer Fähigkeit, ein Bild einzufangen und aus einem größeren Szenario auszuschneiden, ein wesentliches Werkzeug darstellt.
Erste Frage für Martina Steckholzer: Ihr Schaffen wirkt ungemein vielseitig. Können oder wollen Sie sich nicht auf einen einzigen Stil festlegen?
Es trifft beides zu und ich denke, dass ich genau deswegen Künstlerin bin. Ich kann und will offenbleiben, um mich überraschen zu lassen. Stil als Ziel finde ich modisch und langweilig. Stil kann sich für mich als Künstlerin nur ergeben, nie eine Leitfigur sein. Brüche geben mehr her. Ich lege mich zudem in jedem Gemälde für dieses eine Mal fest. Das Buch über meine Malerei, welches wir kürzlich mit Lupo Burtscher editiert haben, zeigt im Überblick ein Kreisen um bestimmte wiederkehrende Thematiken und Malrichtungen.
In ihren aktuellen Arbeiten kommen schemenhafte Figuren vor. Sind das Tiere, Menschen…?
Durchwegs Tiere. Sie sind unsere fremden und zugleich so nahen Zeitgenossen und teilen sich mit uns die Welt. Ich staune gerade viel über Tiere und darüber, was sie mit uns tun und wir mit ihnen. Meine malerische Recherche betrifft punktuell, wie andere Maler zu anderen Zeiten sie dargestellt haben. Das male ich nach und tue das aus meiner Sicht als heutige Malerin mit unseren Augen. Wie dann das Tierische dazwischen wirkt, finde ich spannend. Das schafft unruhige Erlebnisse und stellt schwierige Fragen.
Tiere stehen auch im Zentrum einer weiteren Bildserie. Woher dieses Interesse?
Die Werkserie „LIBRI ANTICHI STAMPE / THE BOOKENDS“ besteht aus sechzehn kleinformatigen Papierarbeiten und zeigt Buchstützen, auf die ich in einer alten Buchhandlung gestoßen bin. Es sind zumeist Tierstatuetten aus Stein, Metall und Holz, die die Aufgabe erfüllen, das Wissen in den Büchern zu „halten“. „Warum Tiere?“, frage ich mich. Und male.
Einige Ihrer Werke sind kleinformatig, andere sind das genaue Gegenteil. Verändert sich dabei etwas? Sind kleine Werke intimer?
Meine 3 Meter hohen Malereien „Szenarios“ machen die Ausstellungsräume zu einer Art Bühne für Besucherinnen und Besucher. Malerei ist künstlich im Sinne von „ausgeschnitten aus der Realität“, die Ausstellungssituation ist das auch. Das schärft unsere Wahrnehmung. Gerade wenn wir uns aus diesem Setting heraus einem Kleinformat nähern und uns in den Farbstrukturen und Pinselstrichen verlieren, kann das eine Rückkehr sein zum Hier und Jetzt, oder ein Ausgeliefertsein uns selbst gegenüber. Und natürlich intimer, keine Frage.
Wie erleben Sie die Unterschiede zwischen Südtirol und Wien?
Die Unterschiede machen es aus (lacht). Beides gut, zusammen besser.
[Adina Guarnieri]
ZUR PERSON: Martina Steckholzer (*1974 Sterzing) hat in Bologna, Innsbruck, Salzburg (Mozarteum) und Wien (MA in Fine Arts) studiert. Es folgen zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Italien, Österreich und Deutschland, aber auch in Japan oder Serbien. Sie lebt und arbeitet in Wien.