Mein schönes Fräulein, darf ich wagen...
Der Brixner Tschumpus präsentiert im August Goethes „Faust“
Das Werk des deutschen Dichters ist ein Klassiker, aber ebenso gehört der „Faust“ unter der Regie von Marc Günther längst zum Standartrepertoire auf Südtirols Bühnen. Seit 2013 gespielt, füllt das Stück nach wie vor die Zuschauerräume. Peter Schorn erklärt, weshalb das so ist und Georg Kaser lüftet für uns das letzte Rätsel im Stück.
Goethes „Faust“: Was macht seinen Erfolg aus?
Peter Schorn: Ich denke, das Zeitlose an so einem klassischen Text ist sowohl die Vielzahl der Themen, die darin bearbeitet werden, wie auch deren allgemeine Gültigkeit für Menschen jeder Zeit. Die vergebliche Suche nach umfassender Erkenntnis, die Sehnsucht nach der Fülle des Lebens jenseits oberflächlicher Vergnügung, die folgende Verstrickung in Schuld, Egozentrismus und Zerstörung ist im Grunde nichts anderes als die Suche nach dem Sinn im Dasein, die wir alle an verschiedenen Punkten unseres Lebens mehr oder weniger stark empfinden. Und natürlich ist das nur ein Thema von vielen. Entgegen den gängigen Erwartungen hat Goethe nebenbei auch sehr viel Humor und Witz in sein Hauptwerk gepackt.
Geht man so ein Stück mit besonderer Ehrfurcht an?
PS: Am Anfang stand bei so einem Stück für mich weniger die Ehrfurcht als der Prozess, das erst einmal alles zu ergründen und annähernd verstehen zu wollen, bevor man es verkörpern kann. Für das Publikum wird es ja erst durch die glaubhaften Emotionen und die klaren Absichten der Figuren, die wir genau kennen müssen, um sie lebendig zu machen, zu einem verständlichen, sinnlichen Erlebnis. Gleichzeitig wächst mit den Jahren, die wir den „Faust“ nun schon spielen, die Ehrfurcht vor dem Text in dem Sinne, dass sich bei jeder Vorstellung und mit den neuen Erfahrungen, die man als Schauspieler und Mensch über die Zeit macht, auch immer wieder neue Schichten und neue Dimensionen im Text auftun und erschließen.
Befolgt ihr eins zu eins das Original?
PS: Was den Text betrifft: Ja. Wir folgen ausnahmslos dem Originaltext von Goethe – allerdings mit einigen Kürzungen. Was die Darstellung auf der Bühne und die Inszenierung von Marc Günther betrifft: Die ist natürlich sehr heutig und an vielen Stellen vielleicht nicht ganz so, wie man es sich von einem „hehren Klassiker“ erwarten mag. Wir spielen zu zweit alle Rollen und wechseln blitzschnell zwischen den Figuren hin und her, sodass unser „Faust“ auf jeden Fall recht kurzweilig, unkonventionell und hoffentlich „entstaubt“ rüberkommt und so an die Erfahrungen unserer zeitgenössischen Lebenswelt anknüpfen kann.
Hat „Faust“ für uns heute noch eine Bedeutung?
PS: Da bin ich mir sicher. Wir erleben das auch in den Schulvorstellungen immer wieder an der Begeisterung der Jugendlichen, bei denen viele der verarbeiteten Themen etwas auslösen. Die anfängliche Enttäuschung und Frustration des Faust über das Leben, die soweit führt, dass er sich fast mit einer „Überdosis“ ins Jenseits befördern will, diese bedingungslose Hingabe des jungen Gretchens, das Zweifeln und das Verzweifeln an den Möglichkeiten und der Sinnhaftigkeit des Lebens, die Freiheitssuche – das sind alles Fragen, die sich wohl jeder Mensch im Laufe seines Lebens irgendwann stellt. Man kann diesen Faust ja auf so vielen Ebenen erleben, dass es je nach persönlicher Lebenslage immer etwas gibt, das zum Weiterdenken inspiriert.
Die Frage aller Fragen: Was hat es nun mit dem Pudel auf sich?
Georg Kaser: Ich glaube Goethe war kein großer Hundefreund und hat Faust deswegen einen schwarzen Pudel als Schreckgespenst geschickt. Aber der Pudel verwandelt sich vor Faust wieder zu Mephisto und das Rätsel war gelöst. Der „aha, aso, iatz woll, honns kapiert, a schau her, a du bisch es“: Das ist der Effekt von des Pudels Kern.
[Adina Guarnieri]