Die Klarinette – eine persönliche Geschichte
Eine Liebeserklärung an ein häufig vorkommendes, aber besonderes Instrument
Was haben Woody Allen, Giora Feidman, Sabine Meyer und ich gemeinsam? Wir alle spielen Klarinette, und wir alle lieben dieses Instrument. Zugegeben, der Vergleich hinkt – denn immerhin sind die einen weltbekannte Koryphäen, während ich eine bescheidene Lokalklarinettistin bin.
Eigentlich könnte ich ja auch über Klavier, Didgeridoo oder Hackbrett schreiben. Da ich jedoch ersteres nur dilettantisch, zweiteres überhaupt nicht und letzteres sehr rudimentär beherrsche, schreibe ich halt doch über die Klarinette.
Die Klarinette begleitet mich seit Kindertagen. Genaugenommen seit dreiunddreißig Jahren. Nach einigen Jahren Blockflötenunterricht – den damals das halbe Dorf bei einer pensionierten Grundschullehrerin genoss, die überdies ziemlich lustig Deutsch-Italienisch kauderwelschte –, sagte mein Vater zu meiner Schwester und mir, die örtliche Musikkapelle biete Kurse an und ob wir Lust hätten, Klarinette und Querflöte zu lernen. Wir hatten. Nur wer lernt was? Achselzucken. Meine Schwester entschied sich für die Querflöte, und mir blieb also die Klarinette. Anders als heute wurde nicht groß diskutiert, analysiert und überlegt, den Zuspruch bekam die Klarinette sozusagen mit dem Achselzucken.
Die Liebe zu meinem Instrument kam aber gleich nach der ersten Unterrichtsstunde. Wir waren zwei Anfängerinnen, unser Lehrer war der Vater des damaligen Kapellmeisters, ein älterer Herr, mit dem wir gleich unseren Spaß hatten. Er war selber Musikant, in einer Art Schnellsiedekurs bekamen wir die wichtigsten Griffe beigebracht und durften nach einem halben Jahr schon zum ersten Mal in die Musikprobe. Welche Aufregung! Lange Rede – kurzer Sinn: Zehn Jahre später hatte ich ein abgeschlossenes Klarinettenstudium in der Tasche.
Doch was macht die Klarinette so besonders? Zugegeben, in unseren Breitengraden hat sie nicht immer den besten Ruf. In der traditionellen Blasmusik Südtirols ist sie das, was die Violinen im klassischen Orchester sind: Sie ist, neben dem hohen Blech, ein wichtiges Melodieinstrument und nahezu ausnahmslos dreistimmig besetzt. Leider, wie gesagt, fällt sie in unseren Musikkapellen meistens eher durch einen schrillen, durchdringenden Klang auf, der sich wenig elegant ausnimmt. Dabei ist sie, klanglich gesehen, eines der vielseitigsten Blasinstrumente überhaupt. Ihr Tonumfang beträgt fast vier Oktaven, ihr Klang ist reich an Obertönen, sie kann so weich und samtig klingen wie kaum ein Instrument und ist überdies vielseitig einsetzbar: neben Blaskapellen und klassischem Orchester auch in der Kammermusik, im Jazz, in der Volksmusik, im Klezmer – siehe Woody Allen, Giora Feidman oder Sabine Meyer… Ja, ich weiß, alle anderen Instrumentalisten werden jetzt die Nase rümpfen. Aber die Klarinette ist nun mal mein Instrument.
Geschichtlich gesehen ist sie relativ jung. Zwar gibt es Einrohrblattinstrumente seit der Antike, sagt Wikipedia, aber die Klarinette als solche nimmt ihren Ursprung erst um 1700. Keine Geringeren als Wolfgang Amadeus Mozart oder Carl Maria von Weber widmeten der Klarinette viele großartige Werke. Wer das Konzert in A-Dur KV 622 von Mozart oder die Konzerte Nr. 1 und Nr. 2 von Carl Maria von Weber kennt, weiß, was ich meine.
Wer heutzutage Lust hat, das Klarinettenspiel zu lernen, der tut sich in Südtirol nicht schwer: In allen Musikschulen des Landes gibt es Klarinettenunterricht. Das Einstiegsalter ist üblicherweise um die acht Jahre. Und auch im Erwachsenenalter ist das Erlernen kein Problem. Weiterführende Studien sind in Bozen, Trient, Innsbruck und natürlich auch darüber hinaus möglich. Wer also, wie ich damals mit zwölf Jahren, eine Entscheidung zu treffen hat, der möge getrost die Achseln zucken und zur Klarinette greifen. Er wird es nicht bereuen.
[Sibylle Finatzer]
DIE KLARINETTE
Holzblasinstrument mit einfachem Rohrblatt
Transponierend, Hauptinstrument: B-Klarinette
Klarinettenfamilie: Klarinetten in D, B, A und Es, Bassklarinette in B, Bassetthorn in F, Bassettklarinette in A, Kontrabassklarinette in B, weitere selten eingesetzte Formen
Material: Grenadillholz, selten Buchen- oder Ebenholz, Metall, Ebonit (Kunststoff)
Zwei Griffsysteme: Böhm (bei uns und international gebräuchlich), Müller (Deutschland, Österreich)
Klangbeispiele: YouTube/Klarinette