GROßES THEATER, „KLEINES“ PUBLIKUM
Simone Oberrauch erobert Herz und Bühne
Die Bretter, die die Welt bedeuten: Simone Oberrauch hat früh erkannt, dass ihre Berufung im Schauspiel liegt. Ihr Weg hat sie von Meran nach Deutschland und über Südamerika bis in die Schweiz geführt. Mit ihrem neuen Stück „Anna und der König“ war sie im Juni im Bozner „Theater im Hof“ zu Gast. Es war die Gelegenheit, um die Weltenbummlerin zu treffen.
Simone Oberrauch und das Schauspiel: Liebe auf den ersten Blick?
In der Oberschule war während einer Projektwoche ein Schauspieler zu Gast und das hat mich so beeindruckt, dass ich zu Hause verkündet habe: „Ich werde Schauspielerin!“. Meine Mutter ist erstmal erschrocken, aber mein Vater meinte: „Endlich eine gute Idee!“. Darauf habe ich eine Ausbildung an der Schweizer Dimitri-Schule begonnen, was leider nicht geklappt hat. Dadurch kam ich an die Berliner Schule für Bühnenkunst, die ich nach vier Jahren abgeschlossen habe.
Welche waren deine ersten Berufserfahrungen?
Nach Berlin bin ich nach Fara di Sabina bei Rieti zu einer Schauspielgruppe, die unter anderem auch Straßentheater macht. Ich wollte nie als klassische Schauspielerin arbeiten. Wir sind mehrere Monate durch Südamerika getourt und später war ich dort noch eine Zeit lang allein unterwegs – eine wirklich spannende Erfahrung! Nach meiner Rückkehr habe ich das Schweizer Puppentheater Bleisch kontaktiert und durfte gleich bei ihnen anfangen. Gemeinsam mit Ursula Bleisch habe ich dann mein erstes Kindertheaterstück auf die Beine gestellt.
Seit wann machst du Theater für Kinder?
Das erste Stück ist 2003 entstanden und hieß „Unanana“, eine Art afrikanisches Märchen, in dem verschiedene Tiere und viele Instrumente vorkommen. Es erzählt die Geschichte einer mutigen Mutter, deren Kinder von einem Elefanten gefressen werden. Auf ihrer Suche nach ihnen wird sie selbst vom Tier verschluckt. Im Elefantenbauch angelangt, fällt ihr auf, dass er voller Kinder ist – es sind die Kinder aus dem Publikum! Gemeinsam beginnen sie zu tanzen und zu springen, bis der Elefant Bauchweh bekommt und sie ausspuckt. Seitdem frisst er nur noch Blätter. Hie und da spiele ich das Stück noch, denn es ist toll zu sehen, wie die Kinder tanzen und mitmachen.
Wie viele Instrumente hast du?
In „Unanana“ kommen ungewöhnliche Instrumente vor, wie der brasilianische Berimbau, ein Didgeridoo oder afrikanische Tontrommeln. Im aktuellen Stück „Anna und der König“ spiele ich Kontrabassgeige, Akkordeon, Saxophon und verschiedene Flöten. Ich habe einen umfangreichen Instrumentenfundus, obwohl ich immer wieder versucht habe, das Ganze zu reduzieren. Aber dann kommt mir wieder was Neues unter und ich denke, dass ich das unbedingt für dieses und jenes Stück brauche. Ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie viele Instrumente es sind!
Welchen Einfluss hat das Theater auf die Kleinen?
Ich komme auf der Bühne mit relativ wenig Mitteln aus. Was ich dabei immer wieder beobachte, ist, dass das die Phantasie der Kinder sehr schnell anregt. Wenn ich z.B. sage „da hinten kommt ein Tier“, dann schauen sie gleich in diese Richtung. Die Geschichte wird in ihren Köpfen lebendig. Wenn ich da an all jene Medien denke, bei denen sie vor dem Bildschirm sitzen und alles vorgefertigt serviert bekommen! Im Theater entsteht ein magischer Raum, in dem Groß und Klein eintauchen können. Das finde ich sehr wertvoll.
Worum geht es in „Anna und der König“?
Das Stück ist gemeinsam mit Hanspeter Bleisch entstanden. Es basiert auf dem Buch „Joachim der Zöllner“ und behandelt das Thema der Migration. Verschiedene Tiere kommen zur Zöllnerin Anna an die Grenze. Da sie aber keine Papiere haben, will der König sie nicht ins Land lassen, obwohl sie auf der Flucht sind. Anna hat ein weiches Herz und nimmt die Tiere bei sich auf. Als der König davon erfährt, steckt er sie in den Kerker. Doch die Tiere befreien sie und gemeinsam ziehen alle mit Musik in die Welt und lassen die Grenze hinter sich.
[Adina Guarnieri]