Vom Battlerapper zum Poeten
Moritz Anrater über das besondere Verhältnis zwischen Text und Musik
Moritz Anrater ist erst 17 Jahre alt und hat sich bei den heurigen Poetry Slam-Landesmeisterschaften gegen eine namhafte Konkurrenz durchgesetzt. Ansonsten veröffentlicht er unter dem Künstlernamen Vinzoth Rap-Songs auf Youtube. Noch will sich der junge Kreative nicht festlegen, ob er Battlerapper, Musiker oder Slammer ist.
Wie bist du zum Poetry Slam gekommen?
Als erstes hat mich meine Mutter auf die Landesmeisterschaften angesprochen, sie hat davon im Radio gehört. Als mich wenige Tage später noch ein guter Freund und Mitschüler darauf aufmerksam gemacht hat und schon klar war, dass die Schulen wieder schließen würden, dachte ich mir: Warum nicht? Ich hatte nichts gegen ein bisschen Spannung in einer sowieso schon recht trägen Zeit. Zuvor hatte ich mich kaum mit der Materie auseinandergesetzt, man kann also sagen, ich bin ins kalte Wasser gesprungen.
Kreativ hast du dich auch vorher schon betätigt, nämlich als Rapper. Wie wichtig sind dir bei deinen Songs die Texte?
Klar, man will etwas vermitteln. Allerdings kommt es für mich mehr darauf an, was für ein Bild ich erschaffen will. So komme ich oft zu einem Punkt, wo Rhythmik und Melodie im Zentrum stehen und mein Text einfach nur noch das Soundbild vervollständigen soll. Eine klare Message haben solche Songs dann nicht, sollen sie ja auch nicht. Worauf ich aber wirklich immer Wert lege, ist die Wortwahl und Phonetik, gerade bei der Musik ist das essenziell. Was schwer ist auszusprechen, sorgt für Unverständlichkeit. Was Hörer schon tausendmal gehört haben, klicken sie einfach weg – oder bleiben genau deswegen dran.
Seit wann rappst du schon?
Seit etwa 3 Jahren. Meine Anfänge habe ich im Videobattlerap gemacht. Das Ganze kann man sich wie Boxen vorstellen, nur halt ohne Boxen. Dabei treten die zwei Kontrahenten mit einem Song gegeneinander an, der das Gegenüber bestmöglich degradieren und blöd darstellen soll. Was erstmal wie die primitivste Form von Cybermobbing klingt, hat tatsächlich einen sehr sportlichen Grundgedanken und hat mir einen Riesenspaß bereitet. Dabei wird sich nach dem „Battle“ immer die Hand gegeben und anschließend wird von Juroren besprochen, wer „gemeiner“ war. Das Konzept ist nicht sehr bekannt, daher ist es mir wichtig, es zu erklären.
Hat dich der Sieg bei den Poetry Slam-Meisterschaften überrascht?
Ja, auf jeden Fall. Ich bin wie schon erwähnt nicht mit der Erwartungshaltung zur Vorrunde gegangen, den Spaß mal nebenbei zu gewinnen. Mir ging es in erster Linie um den Nervenkitzel, der mir nach einem Jahr aufgrund der Pandemie sehr fehlte. Umso mehr habe ich mich dann darüber gefreut, vor allem da die Konkurrenz erfahren und wirklich stark war.
Wirst du auch in Zukunft an Poetry Slams teilnehmen?
Sag niemals nie, oder so. Auf der Bühne wär das sicher was für mich, ich mach das aber ganz nach Gefühl. Wenn ich Lust habe, dann klar, wieso nicht? Momentan habe ich aber nichts geplant. Viel mehr will ich mal in ein Studio, Videos produzieren, Singles rausbringen. Was auch immer als nächstes ansteht, schreiben tu ich sowieso. Aus der Übung komm ich also nicht.
Hast du im Deutschrap bestimmte Vorbilder?
Vorbilder nein. Ich möchte die bestmögliche Version von mir selbst werden und mich nicht an schon Erschaffenem orientieren. Aber es gibt Künstler, die ich bewundere: Da wären Tarek KIZ mit seinem Soloalbum „Golem“, Cro mit Songs wie „Unendlichkeit“ oder „Baum“, Schmyt mit „Gift“, aber auch weniger Tiefgründiges – zum Beispiel Luis mit „Nitro3“. Aber um hier alle aufzuzählen, fehlt den Lesern wohl die Lust, mir die Zeit und den Druckern die Tinte.
Wie gut kommt das Rap-Genre in Südtirol an?
Die Grenze zwischen Rap und Pop verschwindet immer mehr und die junge Generation lässt das Genre richtig aufblühen, so ist es auch hier. Lokale Medien bieten jungen Künstlern eine Plattform, das sorgt für zusätzliche Publicity. Auch das Radio merkt, was das junge Publikum hören will, während die ältere Generation genau dadurch mit Rap in Kontakt kommt. Dass ich ein Teil dieser Entwicklung sein kann, erfüllt mich mit Stolz. Leider habe ich aber auch den Eindruck, dass vereinzelte Newsportale die Kunstform noch nicht so ganz verstanden haben, oder verstehen wollen.
[Teseo La Marca]
ZUR PERSON
Schon im Kindergartenalter hatte Moritz Anrater einen Hang zum Philosophieren, mit sechs Jahren begann er mit dem Singen und dem Geigespielen. In seiner Grundschulzeit gewann er südtirolweit Schachturniere. Nach sieben Jahren Musikschule und einem unveröffentlichten Fantasieroman auf dem Rechner seiner Mutter begann er mit dem Kickboxen. Seine eigene Musik machte er zuhause aber weiter. In dieser Zeit wechselte er die Oberschule und begann sich immer mehr für die Psychologie zu interessieren, ein Thema, das er auch in seinen Songs aufgreift. Drei Jahre später, im März 2021, stand er das erste Mal bei Südtirol1 auf der Bühne und gewann die Poetry Slam Landesmeisterschaften.