Über den eigenen Bühnenrand blicken
Die Theatergemeinschaft Eisacktaler Volkstheater
Seit 35 Jahren ist das Eisacktaler Volkstheater eine einzigartige Institution der Südtiroler Kulturszene. Alle zwei Jahre führt die Theatergemeinschaft im Sommer ein Theaterstück auf. Die Beteiligten wirken durch diese Zusammenarbeit an einer großen Produktion mit und bilden sich weiter.
Seit Anfang 2019 begleitet Ulrich Kofler (Theatergruppe Raas) als Obmann das Eisacktaler Volkstheater. Im Interview blickt er auf eine ereignisreiche Zeit zurück.
Was ist das Besondere am Eisacktaler Volkstheater?
Volkstheater ist der Name und zugleich Programm: Das Eisacktaler Volkstheater will das Theater für das „Volk“ pflegen und aufzeigen, wie vielfältig es sein kann, ist es doch mindestens die zweitschönste Sache der Welt. Volkstheater kann man nicht hoch genug bewerten. Das Spektrum der aufgeführten Stücke ist sehr umfangreich und reicht von García Lorca über Kranewitter, von Goldoni bis Nestroy.
Heuer vor 35 Jahren wurde das erste Stück im Rahmen des Eisacktaler Volkstheater aufgeführt. Wie würden Sie die letzten 35 Jahre Entwicklung beschreiben?
Das Konzept vom Eisacktaler Volkstheater ist, dass immer Stücke zur Auswahl stehen, die es allen Beteiligten ermöglichen über den eigenen Bühnenrand hinaus zu sehen. Es waren immer bekannte Regisseur*innen engagiert und es gibt vor der Produktion immer für alle Bereiche eine Schulung.
Wie viele Personen sind an einer Produktion involviert? Wer sind die treibenden Kräfte?
An den Freilichtproduktionen sind 32 Mitgliedsbühnen und im Schnitt 50 Personen beteiligt. Auf der Bühne, aber vor allem auch bei der Technik, bei den Kostümen, der Maske bis zur Abendkasse. Die Heimatbühne von Feldthurns ist sehr stark vor Ort eingebunden. Der Vorstand besteht aus vier gewählten Mitgliedern, er wird bei jeder Produktion um mehrere Positionen erweitert.
Warum gibt es seit Beginn diesen zwei-Jahres-Rhythmus?
Um den Theaterbühnen im Eisacktal die Möglichkeit zu geben, auch selber mal ein Freilichttheater zu veranstalten.
Wie hat das Eisacktaler Volkstheater sich an die COVID-Pandemie angepasst, welche Krisen-Strategien mussten Sie entwickeln?
Für 2020 wäre ein Freilichttheater im Schlosshof von Feldthurns geplant gewesen. Alles war schon sehr weit entwickelt, dann kam die Pandemie. Das Stück wurde auf 2022 verschoben, als Alternative wurde im Herbst ein XXL-Theaterworkshop angeboten. Daran haben über 30 begeisterte Spieler*innen teilgenommen. Gott sei Dank gab es vor dieser Situation in den letzten 35 Jahren keine größeren Krisen. Dass es bei jeder großen Produktion mit mehreren Dutzenden Teilnehmer*innen immer zu kleineren „Herausforderungen“ kommt ist ganz natürlich.
Was ist für die kommenden zwei Jahre geplant?
Wir hoffen sehr, dass wir ab Mitte Oktober 2021 wieder ein Theater präsentieren dürfen. Den Aufwand nehmen wir gern auf uns, um einen Beitrag zum kulturellen Leben im Eisacktal zu leisten. Unter Beachtung der derzeit gültigen Regeln haben wir entsprechende Hygienekonzepte ausgearbeitet und eine „Corona-konforme“ Produktion entwickelt, um den Zuschauer*innen und uns wieder ein Live-Erlebnis im Theater ermöglichen zu können. Auf dem Spielplan steht eine anspruchsvolle Komödie nach dem Erfolgsroman und viel beachteten Film mit dem Titel „Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda. Für die Regie konnten wir Konrad Hochgruber gewinnen. Aufführungsort ist das Kulturzentrum Castaneum in Feldthurns. Für 2022 ist dann unser Freilichttheater im Schlosshof von Schloss Velthurns geplant. Wir zeigen „Die höchst beklagenswerte und gänzlich unbekannte Ehe von Romeo und Julia - Ohne Tod kein Happy End“ - eine Komödie von Michael Niavarani. Auch hier wird Konrad Hochgruber Regie führen. Die Aufführungen finden bei jeder Witterung statt, bei Regen wird im Bürgerzentrum Castaneum in Feldthurns gespielt.
Wie schaut es mit dem Nachwuchs aus? Wie stark ist die Jugend interessiert am Eisacktaler Volkstheater?
Wir haben das Glück, dass in fast allen Bühnen im Tal die Jugend stark eingebunden ist. Wir planen aber in Zukunft uns mit dem Theaterpädagogischen Zentrum (TPZ) in Brixen stärker zu vernetzen. Vieleicht gibt es in Zukunft dann auch eine Junges Eisacktaler Theater im zwei-Jahres-Rhythmus.
[Nadine Mittempergher]
EISACKTALER VOLKSTHEATER
Gründung: 1986
Mitglieder: 32 Bühnen im Bezirk Eisacktal des Südtiroler Theaterverbandes
Obmann: Ulrich Kofler (Theatergruppe Raas)
Aufführungsorte: Unterschiedliche Freilichtbühnen im Eisacktal
Gespielte Stücke (u.a.):
• „Jedermann“ von Hugo Hofmannsthal (1986, Regie: Peter Mitterrutzner)
• „Die wundersame Schustersfrau“ von Federico Garcia Lorca (1998, Regie: Edi Braunhofer)
• „Der Lügner“ von Carlo Goldoni (2006, Regie: Georg Kaser)
• „Höllenangst“ von Johann Nestroy (2018, Regie: Leo Ploner)
Geplante Stücke (Regie: Konrad Hochgruber):
• „Zusammen ist man weniger allein“ von Anna Gavalda
• „Die höchst beklagenswerte und gänzlich unbekannte Ehe von Romeo und Julia - Ohne Tod kein Happy End“ von Michael Niavarani
Alle Infos auf www.volkstheater.it, Facebook und Instagram