„Ich will in fremde Lebenswelten eintauchen“
Lenz Koppelstätter über den Antrieb seiner Arbeit als Autor und Journalist
Lenz Koppelstätter ist Journalist, Krimi-Autor und hat es soeben wieder auf die Spiegel-Bestsellerliste gebracht. Sein neues Buch schrieb er gemeinsam mit und über Hubert Messner, der die Bozner Neonatologie-Abteilung leitet und als Expeditionsarzt mehrmals seinen Bruder Reinhold Messner in den Himalaya begleitete.
Du kommst aus dem Journalismus. Wann und wie hast du angefangen, Bücher zu schreiben?
Es ist nicht so, dass ich immer schon Journalist werden wollte. Aber schreiben, das wollte ich immer schon. Und in fremde Lebenswelten eintauchen! Das fasziniert mich bis heute. Als Journalist habe ich ganz Unterschiedliches gemacht: Ich zog mit türkischen Jugendlichen durch Berlin, feierte mit Berliner B-Promis Champagnerpartys, ich interviewte Bud Spencer, grillte mit Tim Mälzer, suchte nach Pinguinen am südlichsten Zipfel Neuseelands. Doch immer schon war der Reiz da, mich an einem Buch zu versuchen. Einen längeren Erzählbogen zu wählen. Ich wollte wissen, ob ich das kann. Und eines habe ich mir im Leben immer vorgenommen: Wenn dich etwas reizt, versuche es zumindest. 2015 war es soweit. Mein erster Krimi erschien.
Warum gerade Krimis?
Anfangs sicher, weil Krimis einem Struktur und Halt geben. Ein natürlicher Spannungsbogen ist vorgegeben: Ein Mord, jemand, der wissen will, was passiert ist. Derzeit arbeite ich allerdings an einem anderen Buchprojekt. Ohne Tote, ohne Kommissar. Es ist interessant, zu sehen, wie anders da die Planung im Aufbau ist.
Wie empfandest du es, von den Zwängen des Faktischen befreit zu sein?
Es ist ein Spiel, das man zu beherrschen lernen muss. Es ist ja nicht so, dass ich Science-Fiction schreibe oder eine rundum phantastische ausgedachte Welt erschaffe. Der Bezug zur Realität muss ja nach wie vor gegeben sein. Die Geschichte muss bei aller Erfindung doch irgendwie nachvollziehbar, glaubhaft sein. Bestenfalls eben nur ein ganz wenig over the top. Man muss ein Gefühl dafür bekommen, wo man sich an der Realität halten sollte und wo man die Gedanken mit allen Übertreibungen und Wirrungen laufen lassen kann. Das ist faszinierend. Im Journalismus muss es so stattgefunden haben, wie beschrieben. Im meinen Krimis sollte es zumindest irgendwie vorstellbar sein, dass etwas so vorgefallen sein könnte.
Dein Buch über/mit Hubert Messner hat es in die Spiegel-Bestsellerliste geschafft. Worauf muss man achten, um eine gute Biografie zu schreiben?
Als meine Krimis auf die Spiegel-Bestseller-Liste kamen, war ich richtig glücklich. Das ist ja schon eine Ehre und verschafft Genugtuung. Von da an bist du für immer Spiegel-Bestsellerautor! Mit Huberts Biografie hatte ich für mich ein neues Kapitel aufgeschlagen. Ich habe Hubert unter recht dramatischen Bedingungen kennengelernt: Mein Sohn kam bei ihm auf die Frühchenstation. Hubert und sein Team haben mich total gefesselt und begeistert. Ich wusste sofort: In diesem faszinierenden und mutigen Menschen steckt eine große unbedingt zu erzählende Geschichte.
Wie kam es dann zum Buchprojekt?
Er hat sich anfangs etwas geziert, dann haben wir das Buch doch gemacht. Wir haben uns sehr gut verstanden, sind Freunde geworden, würde ich sagen. Schließlich saß er bei Markus Lanz in der Sendung, wir sind auf der Bestseller-Liste weit nach oben geklettert. Mehr geht nicht! Ich bin sehr glücklich über den Erfolg, aber auch einfach nur dankbar um die Zeit mit diesem inspirierenden Menschen. Und ich bin froh, mit ihm gemeinsam seine Geschichte aufgeschrieben zu haben. Ich bin einfach froh, dass wir sie festgehalten haben. Dass sie da ist, für jeden, der sie lesen mag.
Reportagen, Krimis, Biografie – du jonglierst mit den Genres. Welchen Anspruch hast du dabei an deine Texte?
Wie ich eingangs schon sagte: Es fasziniert mich, in fremde, mir bis dahin unbekannte Realitäten einzutauchen. Wenn ich es dann schaffe, mit meiner Geschichte auch dem Leser diese Realität näherzubringen, ihn damit zu fesseln, dann ist schon viel erreicht.
[Teseo La Marca]
ZUR PERSON
Lenz Koppelstätter, geboren 1982 in Bozen, ist Bestseller-Autor und Reporter. Er lebte lange Zeit in Berlin, er schreibt für renommierte Magazine wie GEO und SALON. Außerdem entwickelt und leitet er Magazine für verschiedene Verlagshäuser. Seine Krimi-Reihe um den Südtiroler Kommissar Johann Grauner begeistert eine große Leserschaft, sie wurde auch ins Italienische übersetzt. Der neue Band „Das dunkle Dorf“ spielt im Grödental, in Bozen und in Neapel. Mit dem Bozner Neonatologen Hubert Messner veröffentlichte Koppelstätter dessen Biografie „Der schmale Grat“. Derzeit lebt der Autor mit seiner Frau und seinem Sohn wieder in Südtirol.
www.lenzkoppelstaetter.net