Klangfarbenwurzeln
Benedikt Sanoll von Timbreroots über gesellschaftskritische Songtexte
Sie sind experimentierfreudig, facettenreich und politisch engagiert – fünf Musiker aus Kurtatsch stehen gemeinsam als Indie-Folk-Gruppe Timbreroots auf der Bühne.
Euer Bandname ist ungewöhnlich – was steckt hinter „Timbreroots“?
Wir traten zunächst unter einem anderen Bandnamen auf, mit dem wir jedoch nicht wirklich glücklich waren. Während einer Busfahrt haben wir uns darüber unterhalten, wer wir als Band sein wollen und welches Ziel wir verfolgen. Schließlich haben wir uns auf „Timbreroots“ geeinigt – „timbre“ für Klangfarbe und „roots“ für Wurzeln. Jedes Individuum, ganz egal welche Wurzeln er oder sie hat, soll sich mit unserer Musik geborgen, dazugehörig und zu Hause fühlen. Wir wollen mit unserer Musik unterschiedliche Kulturen und Charaktere verbinden. Außerdem träumen wir davon, durch Benefizkonzerte und sonstige verfügbare finanzielle Mittel etwas Gutes und Nachhaltiges für unsere Gesellschaft und Umwelt beizutragen.
Wieso ist Timbreroots vor mittlerweile zweieinhalb Jahren entstanden?
Es war immer schon mein Kindheitstraum, eine eigene Band zu gründen. Als ich größere Konzerte besuchte, war ich zunächst fasziniert, im selben Moment dachte ich aber, dass sich so ein Erlebnis nur jene leisten können, die das nötige Kleingeld dazu haben. Live-Musik ist ein Luxus, den sich eben nicht jeder leisten kann. Doch die Kraft der Musik sollte nicht nur zum Spaß und Zeitvertreib verschwendet werden, vielmehr sollte sie Menschen bewegen, vereinen und Gutes bewirken. Diese Philosophie begründete verbunden mit unserer Liebe zum Komponieren und Musizieren die Entstehung der Band.
Welche musikalischen Einflüsse haben euch geprägt?
Hauptsächlich Coldplay und Mumford & Sons, aber auch die Rockmusik der Sechziger und Siebziger Jahre, wie Toto und Queen, auch Funk und sogar Klassik sind Stilrichtungen, die uns beeinflussen. Außerdem singe ich im Chor und die moderne Kirchenmusik fand ich immer schon spannend, wegen ihrer vielstimmigen, sphärischen und weiten Klänge, die an die Weite des Universums erinnern.
Bei eurer vor kurzem erschienenen Single „Let’s give them a chance“ hört man klar Gesellschaftskritik durch.
Ich habe den Song vor etwa fünf Jahren geschrieben; zur damaligen Zeit waren die Flüchtlingsströme nach Europa ein allgegenwärtiges Thema. Ich bin kein großer Poet, aber ich habe gemerkt, wie wirkungsvoll Texte sein können. Ich wollte nicht oberflächliche oder triviale Themen behandeln. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, die Single jetzt zu veröffentlichen, weil sie durch die Geschehnisse in Afghanistan aktueller denn je ist. Ich bin kein Migrationsexperte, aber ich bin überzeugt davon, dass jeder Mensch die Möglichkeit verdient hat, ein gutes Leben zu führen. Vor allem wenn Menschen traumatische Erfahrungen auf der Flucht gemacht haben, liegt es an uns, ihnen diese Möglichkeit zuzugestehen.
Ihr ruft zu mehr Nächstenliebe auf und dazu, dass jeder die Welt ein wenig besser gestalten solle – muss Kunst politisch sein?
Nein, nicht zwangsläufig. Es gibt viele Themen, über die man schreiben kann. Musik kann alles verkörpern und mit Musik kann man oft Inhalte besser transportieren als nur durch das gesprochene Wort. Wir planen aktuell die Veröffentlichung von mehreren Songs; in einem davon geht es um den Traum von einer Welt ohne Krieg und Leid, aber damit einhergehend die Ohrfeige, dass die Realität ganz anders aussieht, dass der Mensch eigentlich von Profit getrieben ist. Ein anderes Lied wird den Umweltschutz thematisieren: „Take care of our mother“. Aber wir setzen uns auch mit nicht-politischen Themen auseinander.
An welches Publikum richtet sich eure Musik?
Natürlich wäre es positiv, wenn „Let’s give them a chance“ gerade jene Menschen erreichen würde, die Flüchtlingen gegenüber skeptisch auftreten. Sie zum Nachdenken zu bewegen, ist ein Ziel. Aber natürlich versuchen wir generell so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Auch wenn das Thema in den Medien sehr präsent ist und manche nicht mehr damit konfrontiert werden möchten, finden wir, dass es thematisiert werden muss, dass man Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, nicht vergessen darf.
[Angelika Aichner]
TIMBREROOTS
Die beiden Brüder Benedikt (Leadstimme, Gitarre) und Philipp Sanoll (Marimba, Drumset, Tenor) haben im Sommer 2019 gemeinsam mit Thomas Vicenzi (E-Bass, tiefer Bariton), Sebastian Willeit (Banjo, E-Gitarre, Tenor) und Simon Oberrauch (Piano, Keyboard, hoher Bariton) die Band Timbreroots in Kurtatsch gegründet. Allesamt absolvierten eine professionelle Musikausbildung.
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