Von Erbsenessern und Dandies
Im August ist das Theaterangebot besser, als jeder Strandurlaub
Ehe die Theaterhäuser die neue Spielsaison und damit den Herbst einläuten, geben die Freilichtbühnen nochmal richtig Gas.
Allen voran die Urgesteine der hiesigen Theaterlandschaft: die Rittner Sommerspiele und die Freilichtspiele Südtiroler Unterland. Letztere zeigen sich mit Regisseur Roland Selva nach 51 Jahren alles andere als altersschwach und holen mit Georg Büchners Woyzeck zum Rundumschlag aus (ab 14.08). Der Soldat Franz Woyzeck fühlt sich fremd in der Gesellschaft. Von seinem Hauptmann gedemütigt, von Marie betrogen und von einem Arzt für fragwürdige Experimente missbraucht, versinnbildlicht er den Konflikt zwischen individueller Freiheit und hierarchisch bedingter Unterwerfung. Büchners Werk ist das wohl radikalste Sozialdrama der Weltliteratur.
Um das Überwinden gesellschaftlicher Normen geht es auch bei den Rittner Sommerspielen, wo Alexander Kratzer Ernst ist das Leben von Oscar Wilde in der Überarbeitung von Elfriede Jelinek präsentiert (bis 9.08). John „Jack“ Worthing ist ein betuchter Gentleman, der gerne ungestört seinen Leidenschaften frönt. Dafür hat er sich einen Bruder namens „Ernst“ erfunden, unter dessen Pseudonym er u.a. mit dem ebenfalls wohlhabenden Algernon Freundschaft knüpft. Da Lügen aber seit jeher kurze Beine haben, kommt Algernon Jacks Doppelleben auf die Schliche und macht sich dessen Alias zunutze – das Verwirrspiel nimmt getrost seinen Lauf. Jelineks Fassung ist ein Beispiel für das glückliche Zusammentreffen völlig unterschiedlicher künstlerischer Handschriften.
Statt in den Urlaub zu fahren, verbringt man in Brixen seine Freizeit lieber hinter schwedischen Gardinen. Das hört sich schlimmer an, als es ist, denn seit 2016 finden im ehemaligen Gefängnis der Stadt, dem Tschumpus, die „Kultursommer hinter Gittern“ statt. Dieses Jahr steht die Komödie Grand Hotel Tschumpus auf dem Programm, Regie führt Gabi Rothmüller (bis 17.08). Im gehobenen Ambiente des Hauses geben sich die oberen Zehntausend die diamantene Klinke in die Hand. Concierge Gustavo lässt keine Wünsche unerfüllt und erlebt dabei skurrile Geschichten: Liebe, Wut, Jodler und ein Mord sind nur ein Bruchteil von dem, was die gewieften Augen des Gustavo zu sehen bekommen. Da sitzt man doch gerne einen Abend lang ein.
Seit fast zwanzig Jahren bespielen internationale Komiker, Kabarettisten, Clowns und Musiker das Amphitheater in Naturns. Unter dem Motto „Naturns lacht“ (3.-23.08) finden sich auch heuer motivierte Künstler aus dem deutschsprachigen Raum im Vinschgau ein, um das Publikum mit allerlei Schabernack zu unterhalten. Und wo gelacht wird, da lässt sich das Improtheater des Carambolage nicht zweimal bitten und bringt zusätzlich die befreundeten Wiener Impro-Experten GeBa und GeSch mit auf die Bühne. Weitere Infos zum Programm unter: www.naturnslacht.com.
Die Schatzinsel aus dem Jahre 1833 ist der bekannteste Roman des schottischen Autors R. L. Stevenson und erzählt von der abenteuerlichen Suche nach einem versteckten Piratenschatz. Bis heute ist das Werk über zwanzig Mal verfilmt worden. Diesen Sommer bringt das Kinder- und Jugendtheaterkollektiv „Freiluft“ die ereignisreichen Vorfälle rund um die Insel auf den Hosnbichl in Naraun bei Tisens (bis 10.08), nach der Adaption von Antonia Tinkhauser. Die Aufführung wird von Matteo Facchin musikalisch umrahmt und entsteht in Zusammenarbeit mit MurX Theater &
Academy.
[Adina Guarnieri]