„Stillstand ist nichts für mich“
Mit 66 Jahren, da ist man voller Tatendrang: Gotthard Bonell im Lanserhaus
„Gotthard Bonell malt, weil er malen muss. Und das seit rund fünfzig Jahren. […] Seine Themen – Körperlichkeit und Sexualität, Vergänglichkeit und Tod – sind so alt wie die Menschheit, seine malerische und zeichnerische Technik zeugt von altmeisterlicher Könnerschaft, ist aber auch offen für künstlerische Experimente.“
So schreibt Günther Oberhollenzer begleitend zur Herbstausstellung „Bonell“ im Eppaner Lanserhaus. Wir haben Gotthard Bonell, der – genauso wie Robert Bosisio und die Autorin dieses Textes – aus dem kleinen Bergdorf Truden stammt, nach seinem Leben und Werdegang gefragt.
Klassische Einstiegsfrage: Wie bist du überhaupt zur Malerei gekommen?
Ich habe schon als Bub immer gezeichnet. In der Grundschule schrieb mir der Lehrer ins sogenannte Studienbuch, ich solle eine künstlerische Ausbildung anstreben. Eigentlich wollte ich aber nach der Mittelschule die Lehrerbildungsanstalt besuchen. Der damalige Neumarkter Schuldirektor Walter Galvagni riet mir jedoch zur Kunstschule in Gröden. Dort waren Milly Schmalzl und Markus Vallazza unheimlich wichtig für mich. Nach dem Abschluss bin ich nach Venedig, an die Kunstakademie. Ich hatte ein dermaßen kaltes Zimmer, dass ich mich mit zwei Freunden tagelang in den Kirchen herumgetrieben habe, die waren nämlich beheizt (lacht).
Später habe ich Robert Scherer kennengelernt und mit ihm Fresken malen dürfen. Prägend war auch die Bekanntschaft mit dem deutschen Künstler Horst Egon Kalinowski, der bei Robert von Fioreschy in Truden im Urlaub war.
Hattest du nie Zweifel an deiner Berufung?
Eigentlich war mir immer klar, dass ich malen würde. Nur einmal geriet ich in ganz große Zweifel darüber, welche Richtung ich einschlagen sollte. Das war, als ich die Gesangsausbildung am Bozner Konservatorium absolvierte und eine Karriere als Musiker in Betracht zog. Aber ich blieb der Malerei treu. Musiziert hatte ich ja schon immer, spielte Klarinette bei der Musikkapelle Truden, später Geige, Gitarre und Zither. Ich hatte das Glück, dass große Pianisten wie Norman Shetler und Charles Spencer auf mich zukamen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte.
Inwiefern beeinflussen sich Musik und Malerei denn?
Bei mir eigentlich überhaupt nicht. Für mich sind das zwei Parallelwelten, die nichts miteinander zu tun haben. Zwar machte mich die Musik lockerer beim Malen, denn die Spannung, die ich in mir hatte, übertrug sich auf die Konzerte. Aber grundsätzlich habe ich untertags gemalt und abends gesungen. Das waren zwei völlig verschiedene Bereiche.
Welchen Bezug hast du zu deinem Heimatort Truden?
Ich wohne wieder einen Großteil des Jahres in Truden. Dort habe ich einen Garten, den ich sehr pflege, da wachsen, Blumen, Kräuter, Gemüse und Obst. Ein Garten ist eine sehr kreative Sache, hat viel mit Gestaltung zu tun. Ich stehe auch in regem Austausch mit Robert Bosisio, meinem Trudner Künstlerkollegen, den ich sehr schätze, und mit Musikern wie Hans Finatzer, ebenso aus Truden. Bei mir gibt es mehr oder weniger regelmäßige Künstler-Treffen. Ansonsten halte ich mich auch gern in Wien auf. Da besuche ich hauptsächlich Opern und Konzerte. In Wien tanke ich kulturell auf.
Stichwort Kultur: Wie beurteilst du das Kulturleben in Südtirol?
Südtirol ist kulturell gesehen sehr rege, besonders, was Musik und Theater betrifft. Auch das Publikum sehe ich offen und aufgeschlossen, abgesehen von einigen Versnobten, die es immer gibt. In der Kunstszene ist es eher so: Von offizieller Seite meint man, international sein zu müssen, indem man Künstler herholt und Ausstellungen organisiert, dabei aber sehr oft in die eigentliche Provinzialität abrutscht. Die Südtiroler Kunstschaffenden selber sind absolut kreativ und aktiv, da gibt es eine sehr pulsierende Szene.
Wie geht deine Familie mit dir als Künstler um?
Meine Tochter Noemi zeichnet auch gern und schreibt sehr gute Texte, mein Sohn Elias hat sehr lange Cello gespielt. Meine Frau modelliert in ihrer Freizeit mit Ton. Sicherlich ist es nicht einfach, mit einem Künstler zusammenzuleben, da gibt es immer Hochs und Tiefs. Da hat meine Frau schon sehr viel Geduld mit mir gehabt... Trotzdem gedenke ich, mich nicht zur Ruhe zu setzen (lacht).
[Sibylle Finatzer]
HERBSTAUSSTELLUNG „BONELL“
Lanserhaus, St. Michael/Eppan
Kurator: Günther Oberhollenzer
Kuratorische Mitarbeit: Robert Bosisio
Dauer und Öffnungszeiten: 4. Oktober bis 17. November, Dienstag bis Freitag jeweils von 15 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag jeweils von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 18 Uhr
Eintritt frei.