Kino für die Menschlichkeit
OEW-Filmfestival: Ein Sprachrohr für Menschen am Rande der Gesellschaft
Mit fünf Filmen tourt das beliebte Filmfestival für Berufs- und Oberschulen heuer wieder durch Schlanders, Meran, Bruneck und Brixen und lädt alle Filmliebhaber*innen zu zwei ganz besonderen Abendvorführungen ein.
Vom 4. bis 8. November wird die Schulstunde in den Kinosaal verlegt. Im Mittelpunkt des 16. OEW-Filmfestivals stehen Protagonist*innen, die im Angesicht von Diskriminierung, Rassismus, Armut und Unmenschlichkeit nicht stillstehen können. Sie hinterfragen ihre eigenen Privilegien, stehen für ihre Mitmenschen ein und verändern auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit sich selbst und die Gesellschaft nachhaltig: Sie bewegen auf allen Ebenen.
Die fünf Filme des diesjährigen Festivals erzählen von Menschen, für die in der Gesellschaft kein Platz vorgesehen ist. Aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Identität, ihrer sozialen Schicht, ihres gesundheitlichen Befindens oder ihres Werdegangs werden sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Ihre Geschichten zeigen, dass es sich lohnt „gegen den Strom“ anzuschwimmen und sich einen Platz und die eigenen Rechte zu erkämpfen.
Verena Gschnell und Monika Thaler begleiten das Festival für die OEW (Organisation für Eine solidarische Welt). Sie möchten den Jugendlichen mehr Sensibilität für soziale Themen vermitteln. Obdachlosigkeit, Sexismus und Transidentität sind noch immer Tabus. Durch die Thematisierung bekommen die Jugendlichen die Chance, sich mit ihnen reflektiert auseinanderzusetzen. Raum für Reflektion bietet auch die anschließende Nachbereitung in den Schulklassen, die von unterschiedlichen Expert*innen und OEW-Referent*innen gestaltet wird.
Seit wann gibt es das OEW-Filmfestival?
Vor 16 Jahren beschlossen wir, mit den Jugendlichen in Kontakt zu treten und haben uns gefragt, wie wir das am besten schaffen. Auf diese Weise sind wir auf ein Filmfestival gekommen. Eine Arbeitsgruppe, die aus Freiwilligen und Mitarbeitern der OEW besteht, sucht jedes Jahr einen Themenschwerpunkt aus. Wir wollen die jungen Leute nicht einfach ins Kino schicken, wir wollen sie dazu bringen, die Themen zu vertiefen und durch den jeweiligen Film einen Bezug zu ihrer Welt in Südtirol herzustellen. Zu jeder Filmvorführung gibt es deshalb eine Vor- und Nachbereitung in der Schule. Wir liefern dazu ein umfangreiches Informationsmaterial und suchen die Experten aus, die in die Klassen kommen.
Welche Themen sprechen Sie heuer an?
Wir haben heuer zwei Filme, die das Thema Rassismus zum Inhalt haben, der berühmtere davon ist natürlich The Hate U Give. In Ein Stern von Indien wird auch Kolonialismus thematisiert. Styx beschreibt die Flucht der Menschen über das Mittelmeer und stellt sich auch dem Thema der Abschottung Europas.
Wir haben einige Zeit überlegt, ob wir „Capernaum“ zeigen wollen, es ist nämlich ein heftiger Film, der das Leben von Straßenkindern in Beirut schildert. Wir haben uns dafür entschieden, weil er den Menschen, die auf der Straße leben, eine Sprache gibt.
Wie kommen die Filme bei den Jugendlichen an?
Durchschnittlich sehr gut. Die Lehrpersonen fragen jedes Jahr wieder an, das ist ein gutes Zeichen. Letztes Jahr ging es um das Tema Transsexualität. Das war für die Jugendlichen spannend, denn während zum Thema Homosexualität viele bereits ihre Meinung hatten, galt das für Transsexualität nicht. Der Renner heuer wird ganz sicher The Hate U Give sein, es gibt sehr viele Anfragen, allein in Bruneck müssen wir ihn dreimal mehr zeigen. Das bringt uns vor das Problem, genügend Begleitpersonen zu finden, die mit den Schüler*innen den Film besprechen.
Was ist die OEW?
Vor 29 Jahren wurden diese Organisation im Brixner Weltladen gegründet. Eine der großen Fragen, die uns beschäftigt, ist jene der Zusammenarbeit zwischen Norden und globalem Süden. Unsere Schwerpunkte sind das Miteinander und die Vielfalt; es geht um die Frage, wie das Zusammenleben mit Einwanderern oder Flüchtlingen und Einheimischen gelingen kann. Ein anderer Schwerpunkt ist der bewusste Konsum. Die OEW gibt auch die Zeitschrift Zebra heraus und betreibt eine sehr gut bestückte Bibliothek zur Nord-Süd-Thematik.
[Silvia Amico]
THE HATE U GIVE
4. November, 20:00 Uhr Astra Brixen.
USA | 2018;
133 Minuten
Sprache: DE, EN
Regie: George Tillman Jr.
Darsteller*innen: Amandla Stenberg, Regina Hall, Algee Smith u.a.
Themen: Rassismus, Polizeigewalt, Coming-of-Age, Gerechtigkeit
Starr Carters Leben spielt sich ständig zwischen zwei Welten ab: da ist zum einen das arme, hauptsächlich schwarze Viertel, in dem sie lebt und zum anderen die reiche, hauptsächlich weiße Privatschule, die sie besucht.
CAPERNAUM
Filmvorführung & Gespräch mit den Machern 8. November, 20:00 Uhr Astra Brixen.
Gefilmt in den Slums von Beirut, mit nicht-professionellen Darsteller*innen, dauerten die intensiven Dreharbeiten für Kameramann Christopher Aoun sechs Monate lang. Die daraus entstandenen 500 Stunden Material wurden von Editor Konstantin Bock in einem zweijährigen Schnittprozess in ihre jetzige Form gebracht.
Nähere Informationen unter:
Tel. 0472 208205,
Eintritt für Schüler*innen: 5 Euro