Drei Wurzelgemüse suchen einen Autor
Fotografie oder Malerei? Simon Terzer im Kunstforum Unterland
Er ist gelernter Koch und studiert aktuell Fotografie und Gestaltung in Berlin. Zur Facettenvielfalt eines jungen Künstlers.
Simon Terzer lässt sich nicht einordnen, denn er sprengt die Grenzen zwischen den Genres. Er möchte über den Ursprung der Fotografie reflektieren und gleichzeitig nach vorne blicken. „Forward to the roots“ – vorwärts zu den Wurzeln – heißt seine erste Einzelausstellung, die zurzeit im Kunstforum in Neumarkt zu sehen ist. Kein nostalgisches Suchen nach Vergangenem, sondern in die Zukunft projizierte Erfahrungen sucht der Künstler. Apropos Wurzeln; diese spielen in seinen Arbeiten eine besondere Rolle, denn Wurzelgemüse ist das Ausgangsmaterial für seine Werke.
Erste Frage: wie entstehen deine Arbeiten?
Das Grundmaterial ist Wurzelgemüse: rote Beete, Karotten und Pastinaken, also die Farben Rot, Orange und Weiß. Die Grüne Farbe kommt von den “Blättern“ der Karotte. Das Gemüse wird gekocht und kalt abgeschreckt, damit die Farbpigmente besser erhalten bleiben. Dann püriere ich sie, richte die Masse auf einer Glasplatte an und beleuchte sie von unten. Anschließend fotografiere ich es von oben, und zwar unscharf. Dadurch entstehen monochrome, glatte Farbflächen. In diesem Fall sind Lebensmittel keine Nahrung für den Körper, sondern im weitesten Sinne für das Auge.
Bezieht sich „Forward to the roots“ nur auf das Gemüse oder steckt mehr dahinter?
Der Titel erscheint paradox und ist als Wortspiel gemeint, denn das Voranschreiten meint eigentlich das Zurückblicken auf die fotografischen Wurzeln. Der Begriff Fotografie kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet so viel wie „malen/zeichnen mit Licht“. Ich möchte mit meinen Arbeiten die Fotografie reflektieren und die Schnittstelle zwischen gemaltem Bild und Foto ausleuchten. Auch glaube ich, dass man sich vorwärtsbewegen muss, um zum Ursprung der Dinge zu gelangen.
Deine Ausbildung ist breit gefächert. Inwiefern hat das deine Kunst geprägt?
Ich habe eine Kochausbildung gemacht und später Ökonomie, Philosophie und Politikwissenschaften studiert. Das tolle an der Kunst ist, dass man die unterschiedlichsten Erfahrungen in ihr konzentrieren kann. So fließen oft philosophische Reflexionen in meine Werke mit ein und durch das Arbeiten mit Lebensmitteln kam das Wurzelgemüse in meine Kunst. Für mein künstlerisches Handeln war aber v.a. der Tod meines Vaters ausschlaggebend. Damals war ich 15. Seit dem Zeitpunkt haben mich die Fotografie und die Kunst immer begleitet.
Deine Werke sind eine Synthese verschiedener Techniken…
Mein Medium ist die Fotografie und sicher hat das Auftragen der Masse einen malerischen Aspekt. Der Betrachter glaubt im ersten Moment, dass es sich um ein gemaltes Bild handelt. Mich interessiert momentan eben die Schnittstelle zwischen Malerei und Fotografie. Durch das Aufgreifen von grafischen und malerischen Elementen, die im kollektiven Gedächtnis und in der Geschichte der Malerei, siehe z.B. Mark Rothko, vorhanden sind, will ich die Wahrnehmung des Betrachters herausfordern.
[Adina Guarnieri]
ZUR PERSON
Simon Terzer (*1991 in Bozen) lebt und arbeitet in Berlin. Er hat Ökonomie, Philosophie und Politikwissenschaften an der Freien Universität Bozen studiert, aktuell ist er an der Ostkreuzschule für Fotografie und Gestaltung in Berlin eingeschrieben.
Was: Ausstellung „Forward to the roots“
Wo: Kunstforum Unterland in Neumarkt
Wann: 7.09-21.09.2019 (Di. – Sa. von 10-12 und 16-18 Uhr)