Ein halbes Jahrhundert Theater- 2017 feierte die Heimatbühne St. Jakob/Grutzen ihren 50. Geburtstag
Als sich die 14 jungen Leute vor nunmehr 52 Jahren an einen Tisch setzten um die Vereinsstatuten festzuschreiben, ahnten sie wohl nicht, wie stark sie damit das kulturelle und gesellschaftliche Leben ihres Dorfes prägen würden.
Als sich die 14 jungen Leute vor nunmehr 52 Jahren an einen Tisch setzten um die Vereinsstatuten festzuschreiben, ahnten sie wohl nicht, wie stark sie damit das kulturelle und gesellschaftliche Leben ihres Dorfes prägen würden. Es verband die Frauen und Männer vor allem die Freude am Theaterspielen. Die Bedenken einiger kirchlichen Vertreter in Bezug auf die eventuell bedrohte Sittlichkeit dämpfte ihren Enthusiasmus zum Glück nicht: Im April 1967, knapp zwei Monate nach der offiziellen Vereinsgründung, gaben sie ihr Debüt mit dem Stück „Die drei Dorfratschen“. Zunächst einmal spielten die jungen Leute nach Gutdünken, im Laufe der Jahre belegten sie Kurse und holten sich Hilfe von erfahrenen Regisseuren.
Theater lebt von Kreativität, und Kreativität braucht Veränderung. Es liegt in der Natur eines Künstlerkollektivs, dass es sich immer wieder neu orientiert und vom Zeitgeist tragen lässt. Mehr noch: dass es den Zeitgeist mitgestaltet und Wagnisse eingeht. Nach den Erfolgen mit traditionellen Lustspielen versuchte sich die Gruppe ab und zu an nachdenklicheren Stücken, wie etwa „Lenz wo bleibst du denn?“ (1992) oder „Die Aussteiger“ (1994). Das Jubiläumsstück „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (2017) wurde vor der beeindruckenden Kulisse vom kleinen Kirchl oberhalb des Dorfes gespielt. Die Heimatbühne wächst und verändert sich. Wie jeder Verein bemüht sie sich stets um neue Mitglieder. Es gab Momente, in denen ein Weiterbestehen der Theatergruppe fraglich schien, doch dann kam Aufwind. Zu verdanken ist dies vor allem der Stückwahl: Bei Weihnachtsaufführungen wurden Kinder und Jugendliche aus dem Dorf miteingebunden. Besonders bedeutend war das theaterpädagogische Projekt, aus dem das Musical „Mein Freund Wickie“ (2011) entstand. Beinahe hundert Leute waren daran beteiligt. Das Gemeinschaftserlebnis war so überwältigend, dass viele Mitwirkende sich auch danach im Theaterverein engagierten.
Hans Herbst, Gründungsmitglied und Ehrenobmann, über Anfänge und Zukunftswünsche: „Als wir damals begonnen haben, war unser vorderstes Ziel den Leuten im Dorf Unterhaltung zu bieten und der Kultur und unserer Sprache Raum zu geben. In der Gruppe haben wir immer wieder unsere Aufgaben neu verteilt und nach fünf Jahren bin ich Obmann geworden. Für mich war nicht nur das Ergebnis wichtig, sondern dass wir uns miteinander wohlfühlten. 2008 habe ich das Amt an meine Stellvertreterin übergeben. Nach so vielen Jahren, 35 waren es, hat man einfach nicht mehr die „Substanz“, und ich freue mich, dass sie das so tadellos macht. Es ist schön zu sehen, dass das, was man aufgebaut hat, in guten Händen ist und weitergetragen wird. [Lisa Pfitscher]
„Beim Theaterspielen vom Alltag abschalten“
Im Gespräch mit Irene Anesi Klauser, Obfrau der HB St. Jakob/Grutzen
Irene Anesi Klauser, Obfrau der Heimatbühne St. Jakob/Grutzen, spricht darüber, was Theater für sie bedeutet. „Beim Theaterspielen kann ich vom Alltag abschalten, indem ich in verschiedene Rollen schlüpfe. Ich finde auch die Regiearbeit spannend: Ich lese ein Textbuch und in mir wächst eine Idee. Das, was ich im Kopf habe, kann ich auf der Bühne gestalten, kann verschiedene Charaktere miteinander verbinden und versteckte Fähigkeiten von Personen entdecken. Die Heimatbühne ist eine Bereicherung für die Dorfgemeinschaft und auch für die Mitglieder selbst. Man arbeitet für ein gemeinsames Ziel: Das verbindet Jung und Alt, es entsteht ein respekt- und verständnisvoller Umgang miteinander. Dabei ist nicht nur der kulturelle Aspekt wichtig, sondern auch der soziale, der menschliche. Das gilt auch fürs Dorf: Unseres ist ein Gebiet, in dem zwei Sprachgruppen eng zusammenwohnen. Respekt und gegenseitige Anerkennung zwischen den Kulturschaffenden beider Sprachgruppen sind sehr wichtig – ich denke, das gelingt uns ganz gut“. [L. P.]
HEIMATBÜHNE ST. JAKOB/GRUTZEN
Obfrau: Irene Anesi Klauser.
Mitglieder: Zur Zeit 60.
80 Aufführungen, vorwiegend Komödien, einige Sketche und Gastauftritte, zwei Freilichtspiele und zwei Musicals.
Aufführungsorte: das Vereinshaus in St. Jakob, die Aula Magna, außerdem Freilichtaufführungen auf dem Platz beim „Kleinen Kirchl“ und im Schulhof.