Ein mordsmäßiger Spaß
Nicht nur das mondäne London bedarf Scotland Yards Ermittlungskünsten...
… sondern auch ein beschaulicher Ort in Südtirol, denn es sind mehrere Morde geschehen. In Raas, ausgerechnet. Auf einer Bühne, gottseidank.
In der Kriminalkomödie „Die Tür mit den sieben Schlössern“ – sehr frei nach Edgar Wallace – suchen die Spieler der Theatergruppe Raas nach dem Mörder. Aber auch sonst ist die Gruppe ständig auf der Suche: nach humor- und zugleich anspruchsvollen Stücken, die zu ihnen passen.
Sie hat kein riesiges Publikum, aber ein eingeschworenes: Seit 21 Jahren gibt es die Theatergruppe Raas. Vor ihrer Gründung hatte das 500-Seelen-Dorf keinen Theaterverein – ein Zustand, der sich ändern ließe, dachten Pauline Kofler und Evelyn Überbacher. Es fanden sich tatsächlich einige, die Lust auf Theater hatten und so wurde 1997 der Gründungsakt unterschrieben. Das Erfolgskonzept der Gruppe sei unter anderem die Stückwahl, erklärt Ulrich Kofler, seit 17 Jahren künstlerischer Leiter der Gruppe. Die Theatergruppe Raas variiert ihr Repertoire ständig, Humor und Qualität stehen dabei im Vordergrund. Stücke mit viel Text und wenig Handlung etwa sind Ulrich Kofler nicht dynamisch genug.
„Es ist nicht einfach, ein gutes Stück am Klappentext zu erkennen“, weiß der Regisseur mittlerweile. Dafür braucht man eine gewisse Vorstellungskraft und Erfahrung, aber es zahlt sich aus, ein Skript genau unter die Lupe zu nehmen. „Die Zuschauer können schon unterscheiden: War das jetzt nur Geblödel oder eine tolle Geschichte, die man danach auch erzählen kann“, präzisiert er.
Auf Edgar Wallaces Spuren
Für ihre neuste Produktion hat die Gruppe sich an ein neues Genre gewagt; man wollte einen Krimi spielen, doch die Suche nach etwas Geeignetem gestaltete sich ähnlich spannend und zeitintensiv wie Detektivarbeit. Schließlich stieß Ulrich Kofler auf eine ziemlich „durchgeknallte“ Kriminalkomödie mit dem Titel „Die Tür mit den sieben Schlössern“. Nun ist eine Ermittlung in einem Mordfall an und für sich nicht gerade lustig – es sei denn, sie kommt aus der Feder von Alexander Liegl und Gabriele Rothmüller.
In ihrer sehr frei interpretierten Bühnenfassung wurde der Krimi zur Komödie, zu einer Persiflage auf Edgar Wallaces gleichnamigen Roman. Liegl und Rothmüller sind keine Unbekannten in der Theater- und Kabarettszene. Die beiden schreiben und inszenieren zahlreiche Programme und arbeiten unter anderem mit Thomas Hochkofler und Lukas Lobis zusammen. Ihr Stil passt zu dem der Theatergruppe Raas, in deren Saal das Flair eines Kleinkunsttheaters spürbar ist: Die Zuschauer sitzen an kleinen Tischen statt in Stuhlreihen.
Viele Ort, viele Köpfe, viele Ideen
Auch bei den Kostümen sind Profis am Werk: Sieglinde Michaeler und Walter Granuzzo haben unter anderem bei den Rittner Sommerspielen und zahlreichen Filmproduktionen mitgewirkt – nun kümmern sie sich um die Kostüme der Theatergruppe Raas.
Diese sollen in den Rahmen passen, in dem das Stück spielt, nämlich im London des frühen 20. Jahrhunderts. Das gilt selbstverständlich auch für die Gestaltung der Bühne: Das Büro von Scotland Yard, das Herz der Stadt, eine Bibliothek, ein Waldstück – 18 Szenenbilder sind es insgesamt, in denen die Ermittlungen laufen. Um diese enorme Herausforderung zu bewältigen, fällt das Bühnenbild puristisch aus. Wenige Requisiten deuten den betreffenden Ort an.
„Wir müssen die Bilder nicht zeigen, wir lassen sie in den Köpfen der Zuschauer entstehen“, erklärt Ulrich Kofler. Ebenso vielfältig ist die Zusammensetzung der Gruppe. Laut Skript hätten manche Spieler Doppelrollen übernehmen sollen, doch die Theatergruppe Raas hat sich entschieden, sie einzeln zu vergeben; so können sich auch junge, „neue“ Spieler auf der Bühne versuchen. Die ersten Proben haben schon stattgefunden, und im März wird das Verbrechen perfekt sein – zumindest beinahe, denn Scotland Yard entgeht bekanntlich nichts.
[Lisa Pfitscher]
THEATERGRUPPE RAAS
Gründung: 1997
Obfrau: Evelyn Überbacher
Künstlerischer Leiter: Ulrich Kofler
Aktive Mitglieder: 20
Spielort: Vereinssaal der Grundschule Raas, gespielt wird eine Produktion pro Jahr
Aufgeführte Stücke - eine Auswahl: Fisch zu viert (2001), Move over Mrs. Markham (2009) Zwei wie Bonnie und Clyde (2010), Das (perfekte) Desaster Dinner (2015), RESET - Alles auf Anfang (2017)