Seitensprung für zwei: ist das eine gute Idee?
Die neue Produktion von der Theatergruppe Sexten ist ab 24. April zu sehen
Wohl kaum eine Theatergruppe spielt vor einer schöneren Kulisse als jene von Sexten, dem kleinen Dorf am Fuße der drei Zinnen. Warum sie auch „indoor“ stets traumhafte Kulissen haben und wie verbunden das abgelegene Dorf mit der Südtiroler Theaterszene ist, erzählt Obfrau Katharina Hofer.
Viele Jahre war es in Sexten recht still um die dorfeigene Theatergruppe, erinnert sich Katharina Hofer. Sporadisch wurde aufgeführt, aber niemand hatte die Muse, sich dem Projekt Theater intensiver zu widmen. 1986 änderte sich das mit der Aufführung von „Momo“, der weltbekannten Geschichte von Michael Ende. Die Botschaft des Stücks ist unser Umgang mit der Zeit: je mehr wir davon einsparen möchten, desto weniger Zeit haben wir für die schönen Dinge im Leben. Diese Zeit nahmen sich Hanspeter Stauder und Hansjörg Rogger nun, um dem Dorf Sexten eine der schönen Künste wiederzubringen: das Theater. War es die intensive Probenzeit oder der Erfolg des Stückes, der die Mitglieder zusammenschweißte? Was auch immer: Durch ihr Engagement haben die beiden Männer der Gruppe wieder Leben eingehaucht.
Mit neuer Begeisterung
Seither bringt die Theatergruppe Sexten regelmäßig Stücke auf die Bühne, und obwohl die Umstände nicht immer einfach sind, lassen sich die Spieler nicht beirren. Die Gruppe hat keinen eigenen Regisseur, weshalb sie immer jemanden von außen holt. Wie jede kleine Bühne muss auch die Theatergruppe Sexten mit ihren Ressourcen haushalten. Ihre Devise: Gespielt wird nicht so oft, dafür aber gut! Mit der „Via Mala“ unter der Regie von Edi Braunhofer im Jahr 1990, die ein voller Erfolg war, hat das Theaterensemble diese Überzeugung gewonnen und ist ihr seitdem treu geblieben. Die Spieler schätzen die Erfahrung und das Wissen, das mit den auswärtigen Regisseuren in ihre Gruppe gelangt. Jeder neue Regisseur hat seine eigene Art, die Spieler zu fordern und das Stück umzusetzen. Eine Herausforderung ist es auch für die Spieler, die sich jedes Mal auf eine neue Arbeitsweise einlassen.
Es muss prickeln
Unter der Regie von Gerd Weigel wird zurzeit das Stück „Seitensprung für zwei“ geprobt. Die Hauptrolle spielt ein Ehepaar, das seinen 24. Hochzeitstag feiert. Rundum zufrieden mit ihrem Alltag und ihrer Ehe, leben sie ohne nennenswerte Höhen und Tiefen vor sich hin. Ihre Freunde finden das gehörig langweilig und raten den beiden zu einem Seitensprung: Das bringe das Prickeln zurück, das nach einer so langen gemeinsamen Zeit unweigerlich verloren gehe. Obwohl sie das Prickeln eigentlich gar nicht vermissen, lassen sie sich irgendwann doch überreden. Im gemeinsamen Einverständnis beschließen sie, einen doppelten Seitensprung zu wagen. Ob das eine gute Idee ist? Die Idee für die Stückwahl jedenfalls fanden Spieler und Spielleiter sehr gut, und nun wird gearbeitet. Um die Kostüme kümmern sich Darsteller selbst, die Kulissen sind in den Händen von Valentin Innerkofler gut aufgehoben. Der passionierte Tischler ist seit vielen Jahren zuständig für das Bühnenbild der Theatergruppe Sexten und schafft es immer wieder, einen Blickfang zu kreieren.
Theater verbindet
„Für die Dorfgemeinschaft ist es wichtig, dass wir regelmäßig aufführen“, sagt die Obfrau Katharina Hofer. „Wenn länger nichts gespielt wird, fragen schon einige nach!“ Der Applaus ist bekanntlich das Brot des Künstlers, und so ist der Wunsch der Dorfbewohner nach neuen Produktionen wohl die größte Motivation für die Spieler. Nicht nur kulturell ist die Theatergruppe von Bedeutung: „Ein Theaterverein kann auch anderen unter die Arme greifen“, sagt Katharina Hofer. „Bei Veranstaltungen mithelfen, mit Rat und Tat zur Seite stehen, und auch mal Kostüme verleihen, zum Beispiel an die Schule.“ Der Theaterverein unterhält zahlreiche Kontakte zur Kulturszene in Südtirol; man kennt Leute von anderen Bühnen, tauscht sich aus und besucht andere Aufführungen. Das gemeinsame Interesse eint. Im Moment konzentriert sich die Theatergruppe Sexten mit ganzer Kraft auf die aktuelle Produktion, auf dass sie gut gelingen möge! Toi, toi, toi!
[Lisa Pfitscher]
THEATERGRUPPE SEXTEN
Gründung: 1986
Obfrau: Katharina Hofer
Mitglieder: 20
Aufführungsort: Haus Sexten (Vereinshaus)
Gespielte Stücke – eine Auswahl:
Momo (1986), Regie: Hansjörg Rogger
Via Mala (1990), Regie: Edi Braunhofer
Die Kleinbürgerhochzeit (2005), Regie: Hans Strobl
Endlich reich (2009), Regie: Alfred Meschnigg
Mörder mit Gefühl (2011), Regie: Gerd Weigel
Der zerbrochene Krug (2012, Bild rechts), Regie: Alfred Meschnigg
Zum aktuellen Stück:
Seitensprung für zwei
Von Lars Albaum & Dietmar Jacobs
Premiere am 24. April 2019