Von der Melodie zur Notenpartitur
Musikstücke arrangieren, drucken und vertreiben – made in Südtirol
Dieter Viehweider aus Girlan beschäftigt sich am liebsten mit Noten. Das ist schon seit seiner Jugend so. Im vorigen Jahr hat sich der gebürtige Grieser mit einem eigenen Musikverlag einen Traum erfüllt.
„Tja, ich habe bald fünfzig werden müssen, um meine Vision endlich in die Tat umsetzen zu können“, sagt Viehweider lapidar und lacht. Die Begeisterung für das, was er tut, ist aus jedem seiner Worte herauszuhören. Doch der Weg zum eigenen Musikverlag, der schon dem 18-Jährigen im Kopf herumspukte, führte über einige Umwege.
Herr Viehweider, wie sind Sie denn überhaupt zur Musik gekommen?
Als Kind habe ich Ziehharmonika gelernt. Meine Cousins waren bei der Bürgerkapelle Gries und meinten aber, ein Instrument, das in der Musikkapelle gespielt werden könne, sei ja viel sinnvoller. Da habe ich auf Posaune umgesattelt und bin der Bürgerkapelle beigetreten. Damals gab es dort einen älteren Musikanten, der immer wieder Noten für einzelne Stimmen umschrieb oder Chornotationen für die Böhmische transkribierte. Er hatte eine sehr schöne Notenschrift. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich ihm beim Notenschreiben zur Hand gehen könnte. Anfang der 1990er Jahre war ich dann total fasziniert von Orchestertranskriptionen von Rocksongs, die das London Symphony Orchestra spielte. Ich saß vor dem Kassettenrekorder und habe die Posaunen-Orchesterstellen nur vom Hören aufgeschrieben. Das hieß natürlich, ziemlich oft vor- und zurückspulen (lacht).
Trotzdem haben Sie beruflich lange etwas anderes gemacht.
Das stimmt. Mein Vater riet mir von einer Musikerlaufbahn ab, die in seinen Augen viel zu unstet war. Zunächst habe ich also die Handelsoberschule besucht, weil die keinen Nachmittagsunterricht hatte – das war damals ein wichtiges Argument (lacht). So bin ich nach meinem Schulabschluss bald einmal in einer Bank gelandet. Doch nebenher habe ich immer wieder mit der Posaune bei anderen Musikkapellen ausgeholfen, und es sprach sich herum, dass ich gerne Noten schrieb und hin und wieder auch Stücke arrangierte. Zuhause wurde ein neuer Computer angeschafft, und ich kaufte mir sofort ein Notenprogramm dafür.
Wie erhält man als Blechbläser ein Gefühl und Verständnis für die Notation der anderen Instrumente?
Das habe ich mir alles selbst beigebracht. Der zündende Funke war der Sound der Tanzkapellen „Viller Spatzen“ und „Tiroler Spatzen“, welcher für mich wie ein kleinstes gemeinsames Vielfaches von Oberkrainer- und Egerländermusik war. Der Klang war wie eine Droge für mich. Ich begann mich dafür zu interessieren, welchen Tonumfang zum Beispiel eine Flöte, eine Oboe oder ein Saxophon hatte, wie sie je nach Tonlage klangen und wie ich sie dementsprechend im Arrangement bestmöglich zu notieren hatte. Ich habe nächtelang nur mehr Noten geschrieben. Die erste große Arbeit war das Arrangement eines kompletten Werkes für die Bürgerkapelle Gries, von dem der Kapellmeister nur ein Orchesteraudio hatte. Das war eine Riesenarbeit, aber am Ende ist sie mir so gut gelungen, dass die Musikanten fast nicht glaubten, dass ich das geschrieben hatte (lacht).
Wie ging sich das mit dem Brotberuf aus?
Tja, das war das eigentliche Dilemma. Ich spürte, dass die Bank nicht der richtige Platz für mich war. Trotzdem konnte ich nicht so einfach auf gut Glück den Beruf aufgeben. Ich musste ja dafür sorgen, dass ich von meinem Musikverlag, meinem Traum, auch leben konnte. Dafür bedurfte es viel Aufbauarbeit, auch viel Unterstützung und Kontakte von Musikerkollegen, für die ich sehr dankbar bin.
Was ist das Faszinierende am Arrangieren und Transkribieren von Stücken?
Für mich ist es das Größte, Noten sozusagen wiederbeleben zu können und die Freude der Ausführenden und Zuhörer zu sehen, wenn ein Stück gelungen ist. Originalnoten sind nicht selten langweilig und einfallslos orchestriert. Als Musikverleger finde ich es wichtig, einheimische Komponisten betreuen zu können, wie etwa Matthäus Crepaz, Simon Gamper, Valentin Gasser, Rupert Hechensteiner oder Tobias Psaier, um nur einige zu nennen. Alles an meinem Beruf ist faszinierend!
[Sibylle Finatzer]
DIETER VIEHWEIDER
Posaunist und Musikverleger
MUNODI Edition, Girlan
Zusammenarbeit mit VSM, VKM und namhaften Komponisten