„Seuchen und Handel“
Sonderausstellung im Merkantilmuseum
Die Ausstellung untersucht den Zusammenhang zwischen historischen Handels- und Verkehrswegen sowie der Verbreitung von Seuchen.
Ein auf einem Plakat abgebildeter Arzt in einer Pestschutzbekleidung, die im 17. bis ins frühe 18. Jahrhundert getragen wurde, heißt die Besucher der Ausstellung stumm willkommen. Es ist kein einladender Empfang, aber ein dem Thema angemessener: „Seuchen und Handel“ lautet der Titel der von Helmut Rizzolli kuratierten Sonderausstellung, die noch bis zum 9. September im Merkantilmuseum gezeigt wird. Thematisiert wird, wie eng die historischen Handels- und Verkehrswege mit der Ausbreitung von Seuchen, wie beispielsweise Cholera, Lepra und Pest, miteinander verwoben sind.
Green Pass des 18. Jahrhunderts
Geografisch gut gelegen, galt Bozen als internationale Handelsstadt. Hier wurden Waren sowohl aus dem Mittelmeerraum als auch aus Mittel- und Nordeuropa gehandelt. Diverse Messen fanden statt, ebenso reisten Kaufleute eigens aus dem europäischen Ausland an, um an den traditionellen Jahrmärkten teilzunehmen. Rasch wurden auf diesen Handelswegen aber Seuchen übertragen. Die zunächst von der Republik Venedig eingeführten Sicherheitsvorkehrungen wurden bald schon von Bozen übernommen. So wurde etwa ein Gesundheitszeugnis (fedi di sanità) eingeführt, nicht unähnlich dem während der Coronapandemie ausgestellten Green Pass. Diese Gesundheitszeugnisse, die den Waren beigelegt wurden, bestätigten, dass Gegenstände, Tiere und Menschen, die während des Transports damit in Berührung gekommen waren, seuchenfrei waren. So versuchte man, die Verbreitung der Krankheiten einzudämmen und sowohl die Bevölkerung als auch die Geschäftsbeziehung nicht zu gefährden. Ein originaler Gesundheitspass aus 1783 ist nun auch im Merkantilmuseum ausgestellt; die vollständige Liste der ausgestellten Gegenstände ist einem eigens angefertigten Katalog einsehbar.
Weiters können die Besucher historische Bücher und Reisebeschreibungen, medizinische und religiöse Ausstellungsobjekte sowie Kunstwerke rund um das Thema „Seuchen“ begutachten, wie etwa „La danza della peste“ von Marco Bertin.
Desinfizierter Briefverkehr
Zwar als Übermaß an Vorsicht anerkannt, wurde durch die Desinfizierung der Post versucht, die Verbreitung von Seuchen einzudämmen. Populär war vor allem die sogenannte „Parfümierung“, bei welcher die Umschläge, aber auch durch Ritzen die Briefe selbst mit verschiedenen Substanzen, wie etwa Harz oder Benzonium, besprüht wurden. Für diese Prozedur wurden schmiedeeiserne Zangen verwendet; die Desinfizierung wurde mittels Stempel beglaubigt.
Dass solch drastische Maßnahmen ergriffen wurden, liegt möglicherweise auch daran, dass in früheren Zeiten der Ausbruch und die Ausbreitung von Seuchen nicht leicht zu erklären waren: Der Einfluss der Gestirne oder die schlechte Luft wurden als mögliche Ursachen in Erwägung gezogen. Auch Ärzte waren oft ratlos, was Ursache und Behandlungsmöglichkeiten anging. Die Isolierung der betroffenen Regionen und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Infizierten wurden als Lösung versucht, ebenso Schutzbekleidungen für die Ärzte.
Nachdenklich entlässt die Ausstellung mit einem Zitat aus „Die Pest“ von Albert Camus: „Heimsuchungen gehen tatsächlich alle Menschen gleich an, aber es ist schwer, an sie zu glauben, wenn sie über einen hereinbrechen. Es hat auf der Erde ebenso viele Pestseuchen gegeben wie Kriege. Und doch finden Pest und Krieg die Menschen immer gleich wehrlos.“
[Angelika Aichner]
Bis 9. September 2023
Mo-Sa 10-12.30 Uhr
Do 10-13 Uhr | 14-16 Uhr
So-Feiertagen geschlossen
Merkantilmuseum
Laubengasse 39, 39100 Bozen
T. 0471 94 57 02