Bergsteigen mit Loriot & Co.
Schillernder November auf Südtirols Bühnen
„Mein Name ist Lohse…“ – wer kennt sie nicht, die kultigen Zitate von Loriot. Als einer der größten Humoristen des deutschen Sprachraums, hatte er ein gnadenloses Gespür für die mitunter peinlichen Schwierigkeiten des Alltags. 2023 wäre er 100 Jahre alt geworden und aus diesem Grund…
…widmet ihm das Theater in der Altstadt in Meran Humor ist eine feine Sache. Er kann sogar die Wahrheit verkleiden (ab 10.11., Regie: Christina Khuen). Ob in seinen Trickfilmen, den Sketchen oder den Kinofilmen – Loriot hat ganz genau hingesehen und uns alle, einschließlich sich selbst, liebevoll durch den Kakao gezogen. „Scheinbar leichter Hand, in Wahrheit aber in verzweifelter Anstrengung gewinnt Loriot der Welt das Komische ab und beweist damit sich und uns, dass sie vielleicht nicht vollkommen sinnlos ist“, das schrieb Patrick Süskind.
Bei den Vereinigten Bühnen Bozen geht es um den Berg. Monte Rosa heißt das Stück von Teresa Dopler, das noch bis 3. Dezember zu sehen ist und in dem die Dramatikerin ein gleichermaßen erschreckendes wie komisches Zukunftsszenario entwirft. Mehrere Bergsteiger:innen messen sich am Monte Rosa. Gesundheit und Fitness stehen im Fokus, das Zwischenmenschliche fällt flach. Dopler präsentiert eine fiktive Parallelwelt, mit Figuren, die seit jeher in den Bergen unterwegs sind, als handle es sich um eine eigene Spezies: den homo montis.
November heißt in der Carambolage in Bozen nur eines: Der Niederstätter surPrize ist wieder da (8.-10.11.). Waren Sie schon mal Tauchen? Man setzt sich eine Brille auf und erblickt eine völlig andere Welt. Und bei der 21. Ausgabe des Festivals verhält es sich genauso, und zwar jedes Mal, wenn sich der Vorhang hòer ffnet. Da gibt es die „Nonnetti“, die gemeinsam ihren Lebensabend meistern, „Little Garden“ entführt uns in den tiefsten Dschungel und die „Superheldin aus Zuckerguss“ gewährt Einblicke in das Seelenleben einer Lakritzstange. Doch keine Bange: Eva Kuen sorgt dafür, dass sie am Ende wieder gut aus den Tiefen des Kleinkunsttheaters auftauchen.
Im Anschluss kommen Gunkl & Walter zu Besuch (17.-18.11.). Was wäre der eine ohne den anderen? Als ewig gegensätzliches Yin und Yang im Zeichen des Kabaretts bestechen sie in ihren Doppelkonferenzen, die nicht umsonst den vielsagenden Titel „Herz & Hirn“ tragen. „Das gezielte Plaudern von Gerhard Walter & Gunkl hat stets Hand und Fuß – auf hohem humoristischen Niveau“, das schreibt der „Falter“. Ein Doppeldate, mehr oder weniger, hat auch das Improtheater, denn da sind die aus Linz stammende Pianistin Daniela Wagner und Manuel Thalhammer zu Gast (21.11.), ehe es mit Wiener Blond weitergeht (24.-25.11.). Sie singen, beatboxen und granteln sich durch die Alltagswelten und haben Bozen bereits 2019 im Sturm erobert. In ihrem neuen Programm geht es um Überlebensstrategien für den Großstadtdschungel: Unterhaltung mit musikalischem Tiefgang.
In der Brixner Dekadenz steht What The Franz? auf dem Programm, das Kabarett-Quiz mit Franz-Xaver Schumacher (04.11.). Machen Sie sich gefasst auf eine Rate-Rallye mit absurdem Humor und traurigen Fragebögen. Von Kleopatra bis Kate Middleton, von Mikroplastik bis Atomphysik – alles, alles, alles wird abgefragt. Spaß ist garantiert, Blamage ausgeschlossen, denn zum Deppen macht sich nur der Franz. Und wer dann noch übrig ist, der darf sich auf Robert Palfrader und sein „Allein“ freuen, ein Kabarett für Gläubige, Agnostiker*innen, Atheist*innen und alle, die es noch werden wollen (17.-18.11.). Er erzählt aus seinem Leben und vom Weg aus der Klosterschule zum Atheismus. Er spricht über Schopenhauer, Genetik, Integration und Homöopathie, und hat am Ende des Abends dann auch noch eine Idee parat, dank der wir nicht mehr so allein sein müssen.
Der Partschótt und die Wilde, das ist ein Theaterstück für die ganze Familie (17.11. Vigil Raber Kuratorium Sterzing, 22.11. Stadttheater Bruneck). Am Berghang ober dem Dorf haust die Wilde in ihrer Hütte. Die Dorfbewohner sind misstrauisch. Woher kommt sie? Ist sie vielleicht eine Hexe? Die Kinder hingegen sind neugierig und schleichen sich an. Da knackt und raschelt es im Unterholz und der Partschótt taucht auf. Eine Geschichte über die Geheimnisse der Natur, von Simone Oberrauch und Joan Pérez-Villegas mit verschiedenen Instrumenten begleitet. Das Südtiroler Kulturinstitut widmet sich mit Meisterklasse Maria Callas einem Ausnahmetalent (02.11. Stadttheater Meran, 03.11. Kulturhaus Schlanders). Unerbittlich, verwundbar und grandios: Die Callas hält 1971 in New York ihre erste und einzige Meisterklasse ab. Die Prominenz sitzt im Saal, um zu erleben, wie sie ihre Geheimnisse weitergibt. Sie selbst hat ihre Schonungslosigkeit bereits mit dem Verlust ihrer Gesangsstimme bezahlt…Die Inszenierung mit Andrea Eckert als ungnädige Diva am Wiener Volkstheater hat Kultstatus: 170.000 Menschen sahen diese im Laufe der letzten elf Jahre.
Der Nazi & der Friseur (29.11. Forum Brixen, 30.11. Stadttheater Meran) von Edgar Hilsenrath handelt hingegen von den einstigen Schulfreunden Itzig Finkelstein und Max Schulz. Nach dem Krieg zog es Itzig nach Israel, wo er seine Frau Mira kennenlernte und sich im Kampf um den jüdischen Staat verdient machte. Was niemand weiß: Itzig ist in Wahrheit Max Schulz, der bei der Ankunft der Partisanen seine SS-Uniform loswurde und in Sträflingskleidung schlüpfte. Er war ein kleiner Fisch im KZ, aber einer der besten. Hilsenrath, der selbst dem Holocaust nur knapp entkam, gelang mit dieser Erzählung ein blutiger Schelmenroman, den Regisseurin Monique Hamelmann mit viel Sinn für das Komische im Tragischen inszeniert.
Im Bozner Waltherhaus sehen Sie Das perfekte Geheimnis von Paolo Genovese (22.-23.11.). Meist wissen wir überraschend wenig über jene, denen wir eng verbunden sind. Nicht so unser Handy. Was wäre, wenn wir das Gerät entsperrt unseren Mitmenschen zur Verfügung stellen würden? Es beginnt als verrückte Idee bei einem Abendessen und siehe da: Affären treten ans Licht, sexuelle Phantasien, die geheimsten Details. Ob sich das noch kitten lässt? Ulrich Waller inszeniert eine Gesellschaftsfarce, ein „höllischer Spaß“, wie das Hamburger Abendblatt schreibt.
[Adina Guarnieri]