Von musikalischer Bildung profitieren
Die Musikschulen und ihre Aufgaben im Bildungswesen Südtirols
Alexandra Pedrotti aus Pfatten ist seit dem vergangenen September die neue Abteilungsdirektorin der Landesdirektion Deutsche und ladinische Musikschule. Dazu zählen 17 Musikschuldirektionen und als Koordinierungsstelle das Referat Volksmusik. Ein Gespräch über Musik und Bildung in ihrer Gesamtheit.
Lebenslanges Musizieren ist für Alexandra Pedrotti ein Ziel, das sie fest im Blick hat. Die Entscheidung, 2010 das ehemalige Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache dem Deutschen Bildungsressort zuzuordnen, sieht sie als wichtigen Schritt, der ganzheitlichen Musikausbildung in Südtirol mehr Raum und Bedeutung zu geben.
Frau Pedrotti, warum ordnen Sie der Musik innerhalb der Bildung einen wichtigen Stellenwert zu?
Alle Bildungseinrichtungen unter einem Dach zu haben, hat großes Potential. Wir müssen gemeinsam denken, und zwar in die Richtung, dass der Schüler bzw. die Schülerin im Blickpunkt steht und nicht die einzelnen Bildungsangebote. Die Anerkennung von musikalischer Bildungsleistung quer durch die verschiedenen Institutionen hindurch ist dabei ein wichtiger Baustein, den wir anpeilen. Die Beschäftigung mit Musik prägt Kinder mental und fördert sie in ihrer persönlichen Entwicklung. Beim Musizieren erlernt man Kompetenzen, die man sowohl im schulischen Alltag als auch später im gesamten Leben brauchen kann. Man knüpft außerdem Freundschaften und erreicht gemeinsame Ziele. Nicht zu vergessen ist der Aspekt, dass Kinder im Alltag eine andere Beschäftigungsmöglichkeit haben, als vor dem viel gescholtenen Handy zu sitzen. Wenn das Kind eine halbe Stunde übt oder singt oder sich zum Proben mit der Jugendkapelle des Dorfes trifft, dann haben wir als Bildungseinrichtung eine andere Perspektive aufgezeigt.
Wie wird der ganzheitliche Bildungsauftrag konkret umgesetzt?
Der Musikunterricht an den Musikschulen folgt generell einem ganzheitlichen Konzept. Es gibt erfolgreiche Kooperationen mit Kindergärten und Schulen, etwa Singunterricht im Bereich des Wahlfaches oder „Elementares Musizieren/Singen“ im Kindergarten – das wird sehr gut angenommen. Eine gute Abstimmung der beiden Bildungsinstitutionen ist dabei besonders wichtig. Ein weiteres gutes Beispiel ist auch die „singende Klasse“, ein Kooperationsprojekt zwischen Chorverband, Musikschule und Grundschule. Die Musikschule kann dadurch die musikalische Breitenförderung unterstützen, was sie allein nicht stemmen kann. Wir müssen einen Weg finden, alle zu erreichen, und das gelingt nur, wenn wir gut vernetzt sind.
Die Musikschule gilt nicht von ungefähr auch als Talentschmiede.
Ja, dies ist auch ein Aspekt unseres Bildungsauftrages. Dazu ist aber zu sagen, dass Begabung allein nicht ausreichend ist. Sie hilft vielleicht am Anfang, um erste Lernerfolge zu erzielen. Langfristig Erfolg hat aber nur, wer Einsatz, Disziplin und Durchhaltevermögen hat. Und wenn es Rückschläge gibt, müssen die Schüler/-innen gut aufgefangen werden. Daher ist das ein hochsensibler Bereich. Die größte Herausforderung für unser Lehrpersonal ist es, die innere Motivation der Schüler zu fördern. Wer selber will, erreicht auch viel.
Die Erfolge bei „Prima la musica“ und, jüngst, der Jugendbrassband Südtirol geben Ihnen recht.
Auf diese Erfolge sind wir auch stolz. Die Jugendbrassband Südtirol gibt es seit 2015; sie ist aus der Blechbläserwerkstatt – einer unserer Sommermusikwochen heraus - entstanden. Mittlerweile sind beide eigenständige Formate mit gänzlich anderen Inhalten. Ich kannte zwar nicht das Niveau der anderen Teilnehmer in Malmö, aber ich war mir sicher, dass die Jugendbrassband gut abschneiden würde. Denn einerseits kenne ich die Qualität unserer Lehrkräfte, andererseits die Qualität der Schülerinnen und Schüler sowie nicht zuletzt die Arbeit des kompetenten Dirigenten Hans Finatzer. Im europaweiten Vergleich sind die Musikschulen in Südtirol sicherlich top.
[Sibylle Finatzer]
ALEXANDRA PEDROTTI
- Diplom im Fach Klarinette und Studium der Musikwissenschaft und Geschichte
- Lehrkraft für Klarinette, Musiktheorie und Kammermusik
- Musikschuldirektorin in Sterzing und im Unterland
- Pädagogisch-didaktische Mitarbeiterin der Landesmusikschuldirektion, stellvertretende Landesmusikschuldirektorin
- Seit 2022 Landesmusikschuldirektorin