Paartherapie auf der Bühne
Karin Verdorfer im Gespräch über „Ninderscht isch nicht“
Die Geschichte rund um Irene und Ginther ist noch nicht auserzählt: Im zweiten Teil thematisieren die beiden Schauspieler Karin Verdorfer und Thomas Hochkofler die Beziehungsprobleme ihrer Protagonisten. Was diese in der Paartherapie gelernt haben, schildern sie in einer südtirolweiten Herbsttour – getreu dem Motto „Ninderscht isch nicht“.
Die beiden Protagonisten Irene und Ginther bauten in „Schaffa, schaffa, Häusle baue“ ein Haus. Nun touren Sie mit dem zweiten Teil „Ninderscht isch nicht“ durch Südtirol. Inwiefern haben sich die beiden Figuren entwickelt?
Im Grunde erlebt das Publikum auf der Bühne die Evolution einer Beziehung. Ging es im ersten Teil noch darum, so wie es in vielen ländlichen Gebieten heute noch üblich ist, gemeinsam sesshaft zu werden und ein Haus zu bauen, sind sie mittlerweile Eltern von zwei Jugendlichen und in einem vollkommen anderen Stadium ihrer Beziehung. Die Probleme, die viele in einer Paarbeziehung haben, werden aufgegriffen und stilistisch überspitzt dargestellt.
Im Spätherbst des vergangenen Jahres wurde das Stück uraufgeführt. Wie war die Resonanz des Publikums?
Die Reaktionen waren durchwegs positiv und, was mich vor allem erstaunt hat, viele fühlten sich verstanden. Wir parodieren auf der Bühne im Grunde die Probleme eines Ehepaares; sie weist ihn ständig zurecht, er ist altklug. Gegenseitig unterbrechen sie sich und suchen die Schuld stets beim anderen. Und trotzdem sprachen uns zahlreiche Zuschauer nach den Aufführungen an und meinten, dass es in ihrer Beziehung exakt so sein würde.
Möchten Sie mit „Ninderscht isch nicht“ also die Beziehungen im Publikum kitten?
Zuallererst möchten wir unterhalten, aber gleichzeitig hoffe ich natürlich auch, dass die Zuschauer reflektieren, welche der gezeigten Verhaltensweisen sie selbst an den Tag legen. Im Kabarett können Inhalte gut vermittelt werden, die, vielleicht weil sie humoristisch aufbereitet sind, länger nachhallen.
Wie führt man eine gute Beziehung?
Die Sätze, die wir auf der Bühne karikieren, sind durchaus nicht unsinnig. Man sollte gemeinsam an einem Strang ziehen, sich also als Team begreifen, immer auch an die positiven Eigenschaften des Partners denken und gemeinsam Zukunftspläne schmieden. Gleichermaßen wichtig ist es, die Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden und einander auch Freiheiten zuzugestehen. Fundamental sind natürlich Ehrlichkeit und Kommunikation in einer Beziehung; es gilt, auch unangenehme Themen anzusprechen. Während des Schreibprozesses habe ich auch mein Verhalten in einer Beziehung reflektiert. Vieles verinnerlicht man ja unbewusst, ohne dies näher zu hinterfragen. Ich denke, ein wenig Irene steckt in jeder Frau und ein wenig Ginther in jedem Mann, auch wenn das natürlich sehr in Klischees gedacht ist.
Das Drehbuch haben Sie gemeinsam mit Thomas Hochkofler verfasst. Wie gestaltete sich der Schreibprozess?
Wir haben schon länger über eine Fortsetzung mit Irene und Ginther nachgedankt und während des Lockdowns mit der konkreten Arbeit begonnen. Zunächst haben wir recherchiert, welche Angebote im Bereich der Paartherapie gemacht werden, und zusammengetragen, welche Probleme es in unseren jeweiligen Beziehungen und in unserem Umfeld gibt. Insgesamt haben wir ein achtzig Seiten langes Skript verfasst, das wir schließlich auf vierzig Seiten kürzten. An der Dramaturgie haben wir noch bis kurz vor der Premiere in Eppan gearbeitet. Vor allem war es uns wichtig, dass die Streitigkeiten nicht dominieren und wir angesichts der teils ernsten Themen, die wir ansprechen, keine schwerfällige Atmosphäre schaffen. Ich denke, das ist uns gelungen. Am ausverkauften Premierenabend war die Stimmung ausgelassen und unsere Pointen zündeten. Darauf hoffte ich sehr, weil man die eigenen Witze, nachdem man sie zigfach gehört hat, selbst gar nicht mehr so lustig findet.
Sie standen bereits für mehreren Produktionen, darunter „Gut gegen Nordwind“ und „Sonny Boys“, mit Thomas Hochkofler auf der Bühne. Was zeichnet diese Zusammenarbeit aus?
Seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren kenne ich ihn und in der Zeit ist eine freundschaftliche Vertrautheit entstanden; wir können uns aufeinander verlassen. Außerdem kennen wir gegenseitig unsere Stärken und Schwächen und können so etwa auch Kritik formulieren, ohne die Reaktion des anderen fürchten zu müssen.
Wird es eine weitere Fortsetzung mit Irene und Ginther geben?
Tatsächlich haben wir schon darüber gesprochen und Ideen ausgetauscht, konkrete Pläne haben wir aber noch nicht.
[Angelika Aichner]
ZUM STÜCK
Nachdem Ginther und Irene das Publikum im ersten Teil „Schaffa, schaffa, Häusle baue“ an ihrem Bauprojekt teilhaben ließen, geht es nun in „Ninderscht isch nicht“ um deren Paarprobleme. Nach einer Ehekrise begaben sie sich in eine gemeinsame Therapie und geben nun geläutert ihre Lebensweisheiten weiter.
Die Herbsttour des Kabarettstücks beginnt am 4. November im Waltherhaus von Bozen.
Tickets: www.mytix.bz/ninderschtischnicht