Große Meister in Eppan
Chagall und Picasso: Tiere in der Graphik des 20. Jahrhundert
Im Lanserhaus in Eppan werden noch bis 25. November 67 Grafiken von Marc Chagall und Pablo Picasso tierischen Inhalts gezeigt. Die Ausstellung wird von Michele Tavola von der Galerie Rubin aus Mailand kuratiert.
Die Galerie Rubin wurde 1997 in Mailand gegründet. Zwar legt sie ihren Fokus hauptsächlich auf zeitgenössische Malerei und Bildhauerei aus dem In- und Ausland und war im Laufe der Jahre bei renommierten internationalen Kunstmessen präsent, organisiert jedoch immer wieder Ausstellungen in Museen und Kunststiftungen. So auch diesmal: Im Lanserhaus in St. Michael/Eppan werden 31 Radierungen und Aquatinta von Picasso, 34 Radierungen von Chagall und zwei Grafiken mit Selbstporträts der beiden Künstler gezeigt. Bereits Ende 2014 war die Ausstellung in ähnlicher Form in Pescara zu sehen und begeisterte das Publikum.
Die Verbindung Ambroise Vollard
Das Ausstellungsprojekt, nach einer Idee von Paolo Galli, ist eine Hommage an Ambroise Vollard (1866–1939), einem der bedeutendsten Pariser Galeristen und Kunsthändler und Auftraggeber der beiden Zyklen der ausgestellten Werke. Vollard pflegte eine tiefe Leidenschaft für die Grafik und beauftragte Marc Chagall, die bekannten Fabeln, mit Tieren als Hauptfiguren, des französischen Autors Jean de la Fontaine (1621–1695) zu illustrieren. Pablo Picasso betraute er mit der Aufgabe, eine Auswahl an Passagen der monumentalen zoologischen Abhandlung „Histoire naturelle“ von Georges Louis Leclerc, Graf von Buffon, zu zeichnen. Wie Kurator Michele Tavola in seiner Einführung im Katalog zur Ausstellung schreibt, handelt es sich hier um eine „Gelegenheit, die fantastische Zoologie von zwei der größten Künstler des 20. Jahrhunderts zu entdecken“.
Marc Chagall und de la Fontaines Fabeln
Marc Chagall, 1887 als Moiche Segal oder russisch, als Mark Zacharovič Šagalov, in Witebsk geboren und 1985 in Saint-Paul-de-Vence verstorben, begann 1926 mit der Arbeit an La Fontaines „Les Fables“. In diesen Grafiken legte Chagall den Schwerpunkt auf die mythologische Komponente der Erzählung sowie auf den menschlichen Aspekt der Tiere, die menschliches Verhalten widerspiegeln. Einige der Fabeln sind weltbekannt; auch im Lanserhaus sind einige davon zweisprachig nachzulesen und haben bis heute nichts an Aktualität verloren: „Tödlich getroffen lag, den Federpfeil im Herzen, / ein Vogel da; er klagt im Übermaß der Schmerzen / sein traurig Los: Ist’s nicht ein harter Schicksalsschluss, / dass man zum eignen Leid die Waffen liefern muss? / Grausamer Mensch! Du nimmst aus unsren Schwingen / die Federn, die zum Flug die Mordgeschosse bringen! / Doch spotte nicht, du Volk, herzlos und ungerecht; denn für ein ähnlich Los wie wir bist du geschaffen: / Die eine Hälftʼ von Japetusʼ Geschlecht versorgt die andre stets mit Waffen.“ Im Lanserhaus werden 34 der insgesamt 100 Grafiken von Chagall zur Illustration der beiden Bände des Buches von Fontaine ausgestellt.
Pablo Picasso und die Zoologie
Von Pablo Picasso (1881–1973) hingegen sind alle 31 Werke zur „Histoire naturelle“ im Lanserhaus zu sehen. 1936 bat Ambroise Vollard Pablo Picasso, eine Auswahl von Passagen aus dem naturgeschichtlichen Werk des Grafen von Buffon zu illustrieren. Picasso experimentierte hier zum ersten Mal mit der Aquatinta-Technik, auch Tuschätzung genannt, die es ihm ermöglichte, besondere Bildeffekte zu erzielen. Wie viele Künstler, kombinierte auch Picasso sie mit der Radierung. Seine Tierbilder zeigen eine unverkennbare Handschrift und ziehen den Betrachter durch ihre Dynamik und eine eigentümliche Kraft und Lebendigkeit in ihren Bann.
Das Lanserhaus in St. Michael/Eppan geht eine Symbiose mit den 67 Werken der beiden Ausnahmekünstler ein und schafft die ideale Atmosphäre für eine Ausstellung dieser Art.
[Sibylle Finatzer]
AUSSTELLUNG CHAGALL & PICASSO - TIERE IN DER GRAPHIK DES 20. JAHRHUNDERTS
St. Michael/Eppan, Lanserhaus
Dauer und Öffnungszeiten: bis 25. November, Fr 17–20 Uhr, Sa/So jeweils 10–12 Uhr und 17–20 Uhr
sowie auf Vormerkung: 0471 667527