Die verrückte Stadt aus Kindersicht
So kurbelt die Künstlerin Elisa Grezzani die Phantasie der Kleinen an, und nicht nur
Den meisten dürfte Elisa Grezzani als bildende Künstlerin bekannt sein. Die Malerin fällt dank ihrer gestisch-intuitiven Arbeiten auf, starke Farbflächen und eine Tendenz zur Abstraktion bestimmen ihr Werk. Es entsteht so eine emotionsgeladene Ästhetik, die sich an der Schnittstelle zwischen Harmonie und Dissonanz bewegt. Während der Isolation der letzten Monate entstand die Idee zu einem partizipativen Projekt, welches den Titel „Die verrückte Stadt“ trägt.
Elisa Grezzani in der häuslichen Isolation, wie können wir uns das vorstellen?
Seit Beginn des Lockdowns war ich zu Hause und als die Ausgangssperre gelockert wurde habe ich begonnen, wöchentlich drei Mal in meinem Atelier zu arbeiten. Ich habe mich dafür mit meinem Mann abgewechselt, um Homeschooling und Atelier unter einen Hut zu bringen. Ich muss gestehen, dass es sich in der Isolation gut arbeiten lässt, weil die Ablenkung fehlt. Ohne Termine und Events konnte ich mich sehr gut auf die Arbeit konzentrieren. Es war meine Form der Meditation, um der Panikmache zu entkommen (lacht).
Wie ist dein Projekt „Die verrückte Stadt“ entstanden?
Wir hatten zu Hause große Lust zu basteln, weil diese Schulfächer den Kindern gerade besonders fehlen. Mit Mathematik und Deutsch sind nicht alle wichtigen Fächer abgedeckt. Deshalb haben wir beschlossen, regelmäßig mit den Händen zu arbeiten. Meine kleinste Tochter hat mit einer Lokomotive begonnen und so ist die Idee entstanden, aus Karton eine ganze Stadt zu bauen. Unsere Stadt ist momentan ja auch etwas verrückt und die Vorstellung, dass man diese leere Stadt mit allem Möglichen füllen kann, ist sehr spannend.
Mittlerweile hast du auch andere Familien miteinbezogen…
Es kam irgendwann der Gedanke auf, den Mitschülerinnen und Mitschülern von dieser Idee zu erzählen und sie miteinzubeziehen. Die Arbeitsmaterialen sind einfach – Karton, Klebestreifen, weiße Farbe –, damit alle mitmachen können, auch jene, die keinen besonderen Bastelfundus zu Hause haben. Auf diese Weise arbeiten die Kinder alle am selben Projekt und stehen in Kontakt. Dieser kreative Weg macht ihnen Mut und sie freuen sich, weil sie an etwas Konkretem arbeiten. Mein Wunsch ist, dass man sich eines Tages mit den anderen Familien trifft und diese Stadt zusammen aufbaut.
Was möchtest du mit dem Projekt aussagen?
Ich bin ja nicht nur Künstlerin, sondern auch Mutter. Für mich stand deshalb die Frage im Mittelpunkt, wie ich von zu Hause aus Kunst schaffen und gleichzeitig meine Kinder miteinbeziehen konnte. Es ist auch ein politisches Statement, weil die Isolation trifft vor allem die Mütter – sicherlich auch viele Väter – aber es trifft doch eher die Mütter, die sich zu Hause um die Kinder kümmern und den Spagat zwischen Arbeit und Kinderbetreuung schlagen müssen. Die Kinder gehen in den Diskussionen der letzten Monate total unter und das bereitet mir große Sorgen. Zum Glück habe ich einen sehr offenen und freien Beruf. Das wollte ich nutzen, indem ich ein Projekt für meine und auch andere Kinder ins Leben gerufen habe.
[Adina Guarnieri]
ZUR PERSON: Elisa Grezzani (*1986 Brixen) hat Malerei und visuelle Medien an der Kunstakademie in Urbino studiert. Es folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland. Sie lebt und wirkt als freischaffende Künstlerin in Bozen.
Info: www.37a66ab941e4edb088eee6bb9224a3e2-gdprlock/lacittapazza