Suchend, neugierig und mit Turbulenzen
Eva Kuen: Eine der vielfältigsten Künstlerinnen unseres Landes
Eva Kuen ist Musikerin, Schauspielerin, Regisseurin, Sprecherin und vieles mehr. Eine der vielfältigsten Künstlerinnen unseres Landes. Eine Frau, die Sachen lieber selbst in die Hand nimmt, als auf das Glück von außen zu warten.
Eva, wie fühlt es sich an für dich auf einer Bühne zu stehen?
Ich würde mich eher als introvertiert bezeichnen und auf der Bühne darf ich mich ausbreiten, also das ist so ein magischer Schutzraum für mich. Ich kann da Gefühle und Dinge ausdrücken, die ich im persönlichen Bereich nicht so gut ausdrücken könnte. Ich habe relativ spät angefangen und immer wieder Pausen gemacht. Ich glaub das erste Mal auf der Bühne gestanden bin ich mit 21 oder so. Das war ein Gig in Spanien.
Du warst ja nicht nur in Spanien, sondern bist sehr viel herumgereist. Welches Land hat dich am meisten geprägt?
Am meisten geprägt hat mich sicher Frankreich, da war ich auch am längsten. Da war ich einige Jahre und die Sprache hat mich sehr geprägt. Französisch ist irgendwie meine emotionale Sprache geworden. Dort war ich dann in der Schauspielschule und es hat natürlich auch viel gebracht, dass sofort der Kontakt mit der literarischen Sprache da war.
Du schreibst deine Liedertexte, z.B. für deine Band „Corinne Amrand“ selbst. Wo schreibst du denn am liebsten oder wie kommst du auf die Ideen?
Die Ideen für alle Dinge kommen mir beim Autofahren. Ich sitze im Auto und führe mit mir Selbstgespräche oder mir kommt etwas in den Kopf und dann nehme ich das auf. Und ich setze mich zu Hause nochmal dran und vervollständige die Melodie oder den Text. Also ich mach das Gerüst und die beiden tollen Musiker Simon Gamper und Philipp Schwarz arrangieren es dann.
Wie ist es denn eigentlich zum Namen „Corinne Amrand“ gekommen?
Die Corinne Amrand, das ist so ein bisschen mein Alter Ego. Das war vorher immer schon ein bisschen die Persönlichkeit in mir, die sich etwas mehr getraut. Ein bisschen diese Bühnenfigur, die ich immer als kleinen Schutz brauch oder mag, um mich auszudrücken. Letztens hat sie sich als mein musikalisches Alter Ego entpuppt. Und jetzt sind wir Corinne Amrand, die Band.
Was würdest du in der Kunstszene gerne ändern?
Was ich toll fände, wenn diese Trennung zwischen freier, experimenteller und offizieller, traditioneller Szene aufgehoben würde. Dass man da einfach nicht so nach Schubladen geht. Die Kulturszene sollte immer wieder neu hinterfragen, öffnen und definieren. So eine ständige Bewegung in der Kunst und Kultur wäre großartig. Und natürlich auch die Menschen, die zuschauen und die Wirtschaft, die sich bewusst ist, dass ohne Kultur ein Land ziemlich in der Scheiße steckt. Die Menschen sollten spüren, dass wir Kultur brauchen. Wir brauchen Kultur, weil das unsere Identität ist. Und Kultur braucht Förderung, um frei zu sein.
Was ist denn für dich das größte Ziel deiner Kunst?
Zuschauern soll das Gesehene nahe gehen, sie sollen berührt werden. Das ist mir am wichtigsten. Man muss ein Stück nicht verstehen, sondern man muss es spüren und erleben. Das suche ich in allen Stücken. Nicht die Perfektion, die wird mir immer unwichtiger. Mir ist am wichtigsten als Regisseurin, dass die Schauspieler sich trauen zu riskieren, in diesem Moment zu sein und den Zuschauer wirklich erreichen. Wo jeder auf einer emotionalen Ebene etwas mitnimmt. Kultur sollte für mich etwas Verbindendes sein im weitesten Sinne. Das klingt furchtbar kitschig, aber natürlich möchte man mit seiner Arbeit immer etwas ausrichten.
Was wünschst du dir für die Zukunft als Künstlerin?
Für meine Arbeit wünsche ich mir für die Zukunft ganz viel Selbstbestimmung. Als Schauspielerin habe ich gemerkt, dass man, je älter man wird, desto weniger Lust hat man auf die Abhängigkeit von jemanden, der mich gut findet oder nett oder weil mich jemand schön findet oder irgendwas. Jetzt mach ich meine eigenen Sachen als Regisseurin. Dieses immer dauernd bewertet werden, das möchte ich ein bisschen hinter mir lassen. Natürlich ist es finanziell schwieriger, wenn man kompromissloser ist. Aber diese Selbstbestimmung ist mir wichtig.
Wer ist Eva Kuen? Beschreibe dich in drei Worten.
Das ist eine schwierige Frage. Suchend, neugierig und mit Turbulenzen. Also ich bin nicht so die Ausgeglichene, sondern emotional und turbulent.
[Nadine Mittempergher]
ZUR PERSON (EINE AUSWAHL)
Musik: CD Corinne Amrand Käptn Lost (2020), CD Eva Kuen mit Herrenbesuch, Nicht hinauslehnen - ne pas se pencher au déhors (2010)
Film/TV: Inappropriate (Kurzfilm, 2020), Der Bozen-Krimi - Zündstoff (TV-Reihe, 2019), Aktenzeichen XY Gronau Missing (TV, 2018)
Regie: DIS.CRIMI.NATION (2019), Ferner (2018), TOTAL QUALITY WOMAN (2017)
Bühne: Es geht ein Porco Cane um (2019), Regie: Dietmar Gamper, Don Camillo und Peppone (2017), Regie: Gerold Theobalt, Sieben Sekunden - In God We Trust (2016), Regie: F. Richter, Nicht hinauslehnen (2008), Regie: Eva Kuen
Kommentar- und Werbesprecherin für Radio und TV
Preise/Auszeichnungen: 2012 Troubadour Stuttgart - Sonderpreis der Jury für Nicht hinauslehnen - ne pas se pencher au déhors.