Das Erschaffen von Bühnenwelten
Bühnengestaltung: nicht bloß Kulisse, sondern Bilder, die inspirieren
Jedes Theaterstück transportiert ein Gefühl. Bühnengestalterin Sara Burchia lässt dieses auf sich wirken und gestaltet dann aus ihren Inspirationen und ihrer Fantasie den Raum Bühne. „Jeder Raum ist ein Rahmen“, sagt sie. „Ich gestalte das Bild in diesem Rahmen.“
Dass die Bühnengestaltung ihr Weg sein würde, sei ihr wohl schon lange vorbestimmt gewesen, sagt Burchia. Nur habe sie das lange nicht erkannt: „Eigentlich hätte ich rückblickend schon früher draufkommen können, dass das Theater meine Welt ist“, schmunzelt sie. Nach der Matura stieg Sara Burchia zunächst in ein Studium der Geschichte, Psychologie und Philosophie auf Lehramt in Graz ein. „Gefallen hat es mir überhaupt nicht“, sagt Sara. „Aber Graz war toll, da wollte ich bleiben. Nach dem Studienabbruch bin ich über den Stundenplan des Studiums Bühnengestaltung an der Kunstuniversität Graz gestolpert. Kunstgeschichte, Aktzeichnen, Pläne zeichnen, Gestaltung mit Photoshop – das war wie für mich gemacht.“
Bei Hospitationen hat Sara Burchia dann erstmals die Welt der Bühne betreten und sofort gefühlt: „Hier gehöre ich hin. Ich bin angekommen.“
Sara, wenn du eine Bühne gestaltest, wie näherst du dich dieser Aufgabe?
Ich lese zuerst das Theaterstück, damit ich ein Gefühl dafür bekomme. Dieses Gefühl, das das Stück transportiert, ist essentiell für meine Gestaltung. Dann schaue ich mir die Bühne an und lasse sie intuitiv auf mich wirken. Anschließend entsteht ein Bild in meinem Kopf, das das Gefühl des Stücks ausdrücken soll. In meinem Kopf habe ich so etwas wie eine Datenbank an Inspirationen und Bildern, die ich abrufen kann. Die Bühne ist für mich wie ein Raum, ein Rahmen, den ich mit meinem Bild fülle. Dann mache ich einen Entwurf mit Photoshop, der mir zeigt, ob das Bild so wirkt, wie ich es mir vorstelle. Dann wird der Entwurf an den Regisseur geschickt.
Inwiefern nehmen Regisseurinnen und Regisseure Einfluss auf deine Arbeiten?
Es kommt schon hin und wieder vor, dass ich in Gesprächen mit den Spielleitern Inputs bekomme, die ich inspirierend finde und für meine Entwürfe verwende. Meistens jedoch gestalte ich die Räume für mich allein und sende den Entwurf anschließend zu. Nur einmal musste ich bisher einen Entwurf abändern.
Wie werden deine Entwürfe umgesetzt?
Bei kleinen Bühnen lege ich viel selbst Hand an und realisiere das Bild des Entwurfs. Ich mag das. Ansonsten arbeite ich mit Tischlereien oder Bühnenbauern zusammen. In Lana habe ich einmal eine Bühne gestaltet, deren Hauptausstattung ein großer Erdhaufen war. Sieben LKWs haben Erde angeliefert, bis der Haufen groß genug war, um das Bild und die Stimmung hervorzurufen, die ich beabsichtigen wollte.
Neben Theaterbühnen, gestaltest du auch Filmsets?
Zunächst einmal ist es so, dass im Studium alle Bereiche behandelt werden, nicht nur Theater, sondern auch Film. Aber der Fokus liegt ganz klar auf Bühne, auch Musiktheater und Oper. Für mich ist es so, dass ich im Theater einen Raum erschaffe, der auch abstrakt sein kann. Ich kann Gegensätze zeigen und viel mit Fantasie arbeiten. Zum Beispiel kann der Boden ein Rasen sein. Im Film hingegen ist man viel mit Realismus konfrontiert, und der Gestaltungsspielraum ist ein ganz anderer. Ich habe schon Filme ausgestattet, aber das Theater ist eindeutig meine Welt.
Inwieweit hat die Corona-Pandemie deine Arbeit ausgebremst?
Die Pandemie hat für mich vor allem eine Erkenntnis gebracht: Auch die künstlerische Tätigkeit sollte eine gleichberechtigte Arbeit sein wie viele andere, auch wenn es kein Nine-to-five-Job ist. Aber das ist ja gerade das Spannende. Es ist abwechslungsreich, es ist flexibel, man entwickelt keinen Automatismus, es ist nie langweilig. Nur sollte man halt auch davon leben können. Die Pandemie war für viele von uns wie ein Weckruf: Wenn es darauf ankommt, dann wird Kultur nicht so wertgeschätzt wie andere Bereiche. Kunst ist keine bloße Leidenschaft, es ist Arbeit!
[Sibylle Finatzer]
ZUR PERSON - SARA BURCHIA
• 2010-2014 Studium der Bühnengestaltung an der Universität für Musik und darstellende Künste Graz.
• Hospitationen am Schauspielhaus Graz und an der Neuen Oper Wien.
• Seit 2012 Bühnengestaltung, Szenenbilder, Kostümassistenz, Ausstattung für die Vereinigten Bühnen Bozen, MurX Festival Eppan, Mummuth Graz, Carambolage Bozen, Dekadenz Brixen und andere Bühnen und Filmprojekte.
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