Geschlechtergerechtigkeit ist für alle gut
Ein Besuch beim Feministischen Infocafé Meran
Meran war schon immer ein fruchtbarer Boden für kulturelle und politische Initiativen unterschiedlicher Art und Ausrichtung. Die Aktivitäten des Feministischen Infocafés passen in diesen Kontext.
Neben seiner gesellschaftlichen Relevanz spielt das Kollektiv eine herausragende Rolle in der Kulturszene der Stadt und in einer Gesellschaft, welche mit Fragen der Geschlechtergerechtigkeit in eine nachhaltig gerechtere Zukunft führen. Wir treffen Julia Dalsant, Mitbegründerin des Feministischen Infocafés, um mehr darüber zu erfahren.
Wie ist euer feministisches Kollektiv zustande gekommen?
Es wurde 2019 nach einer Veranstaltung des Ost West Clubs in Meran gegründet, welche diesem Thema gewidmet war. Bei dieser Gelegenheit trafen sich einige Frauen und beschlossen, sich eingehender mit feministischen Themen zu befassen. Unsere eigenen Erfahrungen und die gesellschaftliche Notlage, welcher Frauen durch Diskriminierungen, Abwertungen und den häufigen Frauenmorden ausgesetzt sind, verband schließlich das, was Frauen bereits in den 70er Jahren in die Welt hinausgetragen haben: Das Private ist politisch!
Wer ist in eurem Kollektiv aktiv?
Wir sind in unserer Zusammensetzung sehr vielfältig, viele Frauen um die Dreißig, auch an Männern fehlt es nicht. Neben einem engagierten Kernteam sind viele weitere Menschen mit uns verbunden, die an einzelnen Aktivitäten mitwirken und freien Zugang zu den Versammlungen haben. Dabei ist es interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Beiträge eine*s*r jede*n Einzelnen sind, denn obwohl die Probleme, mit denen Frauen konfrontiert sind, immer mehr oder weniger tragisch sind, gibt es unterschiedliche Sensibilitäten, mit denen sie konfrontiert werden. Es gibt diejenigen, die die Kämpfe der 70er Jahre als Protagonistinnen erlebt haben und immer noch von ihnen eingenommen sind, und diejenigen, die jünger sind, regelmäßig soziale Netzwerke besuchen und sich mit Themen wie hate speech auseinandersetzen. Dabei gelingt es uns, ein gutes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Feminismen und den unterschiedlichen Visionen zu finden – auch dank unseres vollständig inklusiven Ansatzes.
Provokativ gefragt: Ist Feminismus „Frauenkram“?
Nein, absolut nicht. Obwohl der Feminismus hauptsächlich von Frauen getragen wird, kommen feministische Kämpfe gegen Gewalt und Diskriminierung allen Menschen zugute. Der Feminismus bekämpft Stereotypen und eine patriarchalische Sicht der Gesellschaft, die auch den Männern schadet, die oft gezwungen sind, sich - wieder einmal - dem Stereotyp des „Macho“ anzupassen.
Gibt es unter den verschiedenen Initiativen des Feministischen Infocafés eine, die ihr für besonders gelungen und zufriedenstellend haltet?
Die erste Initiative des Infocafès wurde 2020 anlässlich der Kommunalwahlen in Meran gestartet. Dank der Professorin Elisabeth Hölzl vom deutschen Kunstgymnasium, die zugleich eine berühmte Fotografin und Teil unseres Kollektivs ist, konnten wir gemeinsam mit ihren Schülerinnen und Schülern eine Kampagne für die Teilnahme von Frauen in der Politik gestalten. Mit Plakaten und Aufklebern haben wir diesem Thema große Aufmerksamkeit geschenkt und eine breite und positive Resonanz erhalten.
Wir leben in einer in vielerlei Hinsicht privilegierten Provinz, trifft das auch auf die Situation der Frauen hier zu?
Das würde ich nicht sagen, nein. Die Südtiroler Frauen befinden sich in der gleichen Situation wie die Frauen in anderen Regionen Italiens. Das vielleicht größte Negativbeispiel (?? Un primato negativo, anzi): die große Zahl von Gewissensverweigerern, die einen Schwangerschaftsabbruch wirklich schwierig machen.
Eure Initiativen sind sowohl politisch (im Sinne einer Grassroots-Bewegung, d.h. von unten) als auch kulturell. Wer sind eure Partner, mit wem kollaboriert ihr?
Derzeit arbeiten wir mit dem lokalen Frauenmuseum zusammen, mit dem wir eine Tagung zum Thema Abtreibung organisieren, die am 22. Oktober an der italienisch-deutschen Akademie in Meran stattfindet. Wir stehen zudem unseren Kolleginnen vom Frauenmarsch Donne in Marcia sehr nahe, die verschiedene Aktivitäten organisieren. Darüber hinaus arbeiten wir auch mit dem Beratungsdienst Frauen gegen Gewalt in unserer Stadt zusammen.
[Mauro Sperandio]