Über die Königin der Blumen
Rosenkennerin Jutta Tappeiner Ebner im Gespräch
Jutta Tappeiner Ebner, Kräuterpädagogin und Autorin, präsentiert ihr neues Buch „Meine Rosenwelt – Naturkosmetik, Kulinarik und Gartentipps“ am 21. Oktober um 15 Uhr in der Bibliothek Vahrn.
In Ihrem knapp 300 Seiten umfassenden Buch thematisieren Sie Rosen in all ihren Facetten. Was begeistert Sie an dieser Pflanze?
Jutta Tappeiner Ebner: Seit fast vierzig Jahren fasziniert mich alles, was uns die Natur an Blüten und Düften schenkt. Die Rose spielt dabei mit ihrer Zeichensprache, ihren Mythen und Bräuchen eine besondere Rolle. Die Rose verbindet scheinbare Gegensätze, sie erfreut das Herz und die Sinne. Sie ist Heilmittel, wirkt beruhigend, kühlend und sogar schmerzlindernd. Sie ist Schönheitsgeheimnis und Seelenbalsam in einem. Für uns Rosenliebhaberinnen und -liebhaber ist sie noch viel mehr, sie holt uns für einen Augenblick den Himmel auf die Erde. Im Rosenhimmel symbolisieren Rosen das Ur-Weibliche, das ich mit Fülle, Lebenskraft, Fruchtbarkeit und Lebenslust verbinde.
Welche Symbolik verbirgt sich hinter der Rose?
Die Signatur der Rose mit ihrer wunderschönen Blüte und den wehrhaften Stacheln steht für Gegensätze, für Lust und Schmerz. Sie steht im Spannungsfeld zwischen der Zartheit und der Wehrhaftigkeit, zwischen Freud und Leid, zwischen der Erde und dem Himmel. Die Stacheln lassen sich leicht vom Zweig abbrechen, ein Zeichen für das Loslassen. Nicht umsonst gilt die Rose als die Pflanze für Übergänge. Sie richtet uns auf, schenkt Mut und Zuversicht, ein ganzes Menschenleben lang. Jedes einzelne Blütenblättchen der Heckenrose hat die Form eines Herzens. Jedes Herz verbirgt eine Liebesbotschaft. Wen wundert es, dass die Rose seit jeher als das Symbol der Liebe angesehen wird? Die zahlreichen Blüten stehen für die Fruchtbarkeit. Das Aufblühen der Rose wird als Sichöffnen, Sichhingeben, Liebesfähigkeit und Erotik gedeutet, so wie die Rosenblüte und der Stachel für Vulva und Penis stehen.
Ursprünglich – so heißt es – waren die Rosen rosa. Rosa als Farbe der Wildrose, der Urform und Mutter aller Rosen, symbolisiert die Zärtlichkeit und die Unbekümmertheit der Jugend. Die weiße Rose der heidnischen Göttinnen steht für das Licht, die Hoffnung, die Vollkommenheit, die Reinheit und Jungfräulichkeit. Die rote Rose symbolisiert die reife Frau, die Sinnlichkeit, die irdische und käufliche Liebe, das Blut, den Schmerz, die Trauer.
Der Duft der Rose weckt die Sinnlichkeit. Er wirkt aphrodisierend, indem er eine entspannte Atmosphäre schafft, die Fantasie beflügelt und Erinnerungen wieder ins Bewusstsein hebt. Rosenduft öffnet und berührt das Herz, umhüllt und schenkt Geborgenheit, gleicht aus und steht für die Sehnsucht nach dem Ewigen, Göttlichen.
Die schützenden, zusammenschließenden Kronblätter symbolisieren die Verschwiegenheit und das Behalten von Geheimnissen. Die welkende Rosenblüte erinnert uns an die Vergänglichkeit des Lebens. Die Rose erleichtert am letzten unserer Tage das Loslassen vom Leben und begleitet unsere Seele in eine neue Heimat. Als letzten Gruß geben wir einem geliebten Menschen am Grabe eine Rose mit. Sie steht für die Unsterblichkeit der Seele und die ewige Liebe, weit über den Tod hinaus.
Die Pflanze ist vielseitig einsetzbar – sowohl in der Kosmetik als auch im kulinarischen und volksmedizinischen Bereich. Welche Wirkung hat die Rose jenseits der Ästhetik?
Die Rose ist nicht nur das beste Schönheitsmittel im Pflanzenreich mit viele interessanten Inhaltsstoffen, sie ist auch ein wunderbares Heilmittel. Schon in der Antike galt die Rose als „Universalheilmittel“. Alle großen Kräuterkundigen, von Hippokrates, Paracelsus bis hin zu Hildegard von Bingen, schätzten die Heilkräfte der Rose zur Behandlung von Wunden. Getrocknete Rosenblätter wurden beispielsweise zu einem Wundstreupulver zermörsert und für die Herstellung von Pestarzneien sowie bei nervösen Herzbeschwerden, Stimmungsschwankungen, Frauenleiden, Durchfall und bei Infekten eingesetzt.
Worauf gilt es bei der Pflege von Rosen zu achten?
Rosen lieben einen luftigen, nährstoffreichen und tiefgründigen Boden und sie brauchen viel Pflege das ganze Jahr über, sie benötigen Dünger und Pflanzenschutzmittel – so lautet das Credo der meisten Rosenratgeber. Wie schaffen es meine Rosen unter erschwerten Bedingungen auf einer Terrasse, mit Staunässe und einer verdichteten Erde nach jedem Regen und im Hochsommer unter der brütenden Hitze jedes Jahr aufs Neue so prächtig zu blühen und mich mit wunderbar duftenden Blüten so reich zu beschenken? Ich bin weder eine Gärtnerin noch habe ich eine lange Gartenerfahrung. Das Einfachste ist es, es der Natur nachzumachen.
[Angelika Aichner]