Bist du wohl das ganze Jahr brav gewesen?
Brave Kinder bekommen Süßigkeiten, für die unartigen gibt’s den Krampus
Als Begleiter des Nikolaus ist der Krampus schon seit Jahrhunderten im Tiroler Raum fest verwurzelt. Ihm oblag es, unartige Kinder zu tadeln und sozusagen wieder in die Spur zu bringen – in die katholische damals, wohlgemerkt.
Obwohl die Tradition der Krampusläufe auf uraltem Fundament gründet, ist sie weit davon entfernt, ein staubiges Relikt vergangener Tage zu sein. Dank der sozialen Medien und der Aufnahme gestalterischer Elemente wie Rauch, Feuer, stampfenden Trommelrhythmen, lauter Musik und immer spektakuläreren Kostümen sind die Umzüge der Krampusse so beliebt wie nie zuvor. Das ist in Südtirol nicht anders wie in Tirol.
Südtiroler Krampusbrauchtum
Der Krampusumzug in Toblach, heuer am 9. Dezember, rühmt sich gar, der älteste dieser Art in Südtirol zu sein. Hunderte von gruseligen Gesellen treffen sich dort zu einem höllischen Stelldichein. Der eigentliche Tag des Krampus ist der 5. Dezember. In einigen Orten Südtirols, so etwa in Truden, findet die dazugehörige Tradition ausschließlich an diesem Tag statt. Im Unterlandler Bergdorf nennt sich das Ritual „Scheldern“, in Anlehnung an die mehr oder weniger großen Kuhglocken, den „Schellen“, die sich Kinder und Jugendliche um den Bauch binden und damit lärmend durchs Dorf ziehen. Nach einem gemeinsamen Gebet (die christliche Konnotation!) soll das Böse in Gestalt der Krampusse ausgetrieben werden, die ihrerseits die Schelderer durchs Dorf treiben. Einen ähnlichen Hintergrund hat das „Klosn“ (Santa Klos, Nikolaus) in Stilfs alljährlich am Samstag vor oder nach dem Nikolaustag, bei dem junge, verkleidete Burschen mit großen Schellen ein ausgelassenes Treiben im Dorf veranstalten.
Einige alteingesessene, viele neue Vereine
Begrifflich stammt der Name „Krampus“ vermutlich von „Krampen“, was so viel wie Kralle bedeutet. Es ist anzunehmen, dass ihre dämonische Darstellung im Brauchtum Anreiz für viele in den letzten Jahren gegründeten Vereine war, nicht den Namen Krampus, sondern „Tuifl, Toifl, Taifl“ in ihre Vereinsbezeichnung aufzunehmen. Dazu zählen auch zum Beispiel die „Wild Monn Tuifl“ aus Girlan, die heuer ihr zehnjähriges Bestandsjubiläum feiern. Sie legen, ähnlich wie ihre teuflischen Kollegen vom Eppaner Verein „Schulthauser Tuifl“, Wert auf Kinderfreundlichkeit und Ursprünglichkeit bei ihrem Umzug, auch wenn die mahnende Komponente des Krampus ein wichtiges Kriterium bleibt und die Umzüge nicht ganz ohne Show auskommen.
Wild und teuflisch muss es sein
Eine gemeinsame Verbindung der sagenhaften Gestalten – ob sie nun Tuifl, Taifl, Toifl oder Krampus heißen – lässt sich in ihrer Ausstattung herauslesen. Sie tragen Holzmasken, die zu kunstvoll-dämonischen Fratzen geschnitzt sind, Hörner und ein Fell, meist von der Ziege, das oft genauso archaisch riecht wie es aussieht. Andernorts kamen zum Fell bunte Stofffetzen dazu, die das Ganze wild und verwegen aussehen lassen. Moderne Einflüsse machen die Masken noch furchteinflößender; glühende Augen, immer wildere Hörner und noch zotteligere Gewänder werden getragen. Den Zuschauern gefällt’s – in Scharen strömen sie zu den Umzügen, die in den letzten Jahren buchstäblich wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Von Salurn bis Brenner, vom Reschen bis nach Winnebach ist der Krampus von Ende November bis in den Dezember hinein ein Publikumsmagnet. Weil es daher oft etwas (zu) wild hergeht, gibt es mancherorts sogar eigene Bereiche für Kinder, die dem ganzen Treiben aus sicherer Entfernung zusehen können. Nach dem Umzug muss das ganze Adrenalin nicht selten bei einer Aftershow-Party gebändigt werden.
Krampus meets Zeitgeist
Man mag zum teuflischen Treiben stehen, wie man will – Brauchtum ist kein unveränderbares Gerüst, sondern stets dem Wandel der Zeit unterworfen und hat im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Elemente aus verschiedenen Kulturen übernommen. Nicht wenige unserer christlichen Traditionen fußen auf heidnischen Bräuchen. Von daher: welcome Krampus reloaded!
[Sibylle Finatzer]
Krampusläufe und -umzüge in Südtirol
Landauf, landab finden im November und Dezember Umzüge statt. Infos dazu findet man im Internet. Einige Krampus-Vereine betreiben eine eigene Webseite.
Hier stellvertretend einige Termine:
www.suedtirolerland.it
www.suedtirol.info